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Grafik: APA

Wien - Deutschland und Frankreich wollen im Kampf gegen internationale Steueroasen eng zusammenarbeiten, das machten Angela Merkel und Nicolas Sarkozy am Donnerstag noch einmal deutlich. "Wir müssen den Mut haben, auch Namen von Ländern zu nennen", sagte Sarkozy bei dem Treffen in Berlin. Beide verweisen darauf, dass der wachsende Druck erste Früchte zeige, man wolle auch Sanktionen vorschlagen.

Die "schwarze Liste"

Eine Liste unkooperativer Staaten ist in Vorbereitung. Darauf stehen derzeit die Staaten, die sich auch schon auf der schwarzen Liste der OECD, der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, befinden: Andorra, Liechtenstein und Monaco. Wo Länder wie die Schweiz, Belgien, Luxemburg und Österreich - die zumindest nicht uneingeschränkt mit den Steuerbehörden anderer Länder zusammenarbeiten - im Verhältnis zu den "schwarzen Schafen" stehen, darum ging es zuletzt (siehe dazu: Kampf trägt immer mehr Früchte).

In Österreich ruft die anhaltende Diskussion nun nach der reflexartigen Betonung, die Alpenrepublik sei ohnedies "nicht gemeint und betroffen", offenbar zumindest Unbehagen hervor. OeNB-Gouverneur Ewald Nowotny rechnete Donnerstagabend in der "ZiB2" "realistisch gesehen" im Zuge der Diskussion mit Änderungen beim Bankgeheimnis. Es gebe auch Verhandlungsangebote der Regierung, sagte er im ORF-Fernsehen.

"Eine Änderung des Bankgeheimnisses gibt es nicht" konkretisierte am heutigen Freitag hingegen in einer eilig einberufenen Pressekonferenz Finanzminister Josef Pröll (ÖVP): "Es kann bleiben wie es ist." Paragraf 38 im Bankwesengesetz (BWG), der im Verfassungsrang steht, müsse nicht angepasst werden, so Pröll. An dieser Aussage gibt es allerdings Zweifel seitens des Steuerexperten Werner Doralt (siehe dazu: Steuerexperte widerspricht Pröll)

Daten künftig schon bei "begründetem Verdacht"

Dennoch gäbe es Verhandlungsangebote Österreichs. Österreich werde "bei begründetem Verdacht Daten ausliefern". Bisher wurden Kontoinformationen nur auf Anordnung eines Richters weitergegeben.

Nach einer langen Verhandlungsnacht "Staatssekretär Reinhold Lopatkas in Paris mit OECD-Experten", so Pröll, sei nun geklärt, was unter "begründetem Verdacht" zu verstehen sei. "Das war bisher unklar formuliert", ergänzte Sprecher Harald Waiglein. Im Falle eines solchen "begründeten Verdachts auf ein Steuervergehen" will Österreich künftig einer ausländischen Behörde Informationen über Konten weitergeben, auch wenn kein Strafverfahren läuft. Der Verdacht müsse von der Behörde, die ein Konto öffnen lassen will, aber gut dokumentiert sein, sagte der Finanzminister.

Konkret bedeute dies: Wenn der Verdacht der ausländischen Finanzbehörde ausreichen würde, um nach österreichischem Recht ein Finanzstrafverfahren einzuleiten, wird Österreich Informationen an ausländische Steuerbehörden weiterleiten - auch wenn dort kein Strafverfahren im Gange ist. Derzeit sind Finanzstrafverfahren in verschiedenen Ländern unterschiedlich geregelt: Was in Österreich zu einer Einleitung führt, führt in anderen Ländern noch nicht zu einer formalen Einleitung, obwohl inhaltlich ein vergleichbares Verfahren läuft.

Anpassungen bei Doppelbesteuerungsabkommen

In der Praxis wird es nun laut Pröll bei einigen der rund 80 Doppelbesteuerungsabkommen Anpassungen geben müssen. Für das Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) mit Deutschland bedeute dies, dass Österreich in Zukunft schon bei begründetem Verdacht Informationen bereitstellen werde. Den besonders von Deutschland und Frankreich geforderten automatischen Informationsaustausch soll es weiterhin nicht geben.

Die Kreditsparte der Wirtschaftskammer ist zufrieden, wie man in einer Aussendung wissen lässt: Das Erreichte bedeute, dass das Bankgeheimnis in Österreich beibehalten könne. "Das entspricht dem Verständnis und den Bedürfnissen der österreichischen Bevölkerung und der Kunden nach Schutz der Privatsphäre in finanziellen Angelegenheiten", ist Bundeskreditsparten-Geschäftsführer Herbert Pichler sicher.

"Positiv" wertet auch der Chef der Raiffeisen-Zentralbank (RZB) Walter Rothensteiner, die jüngste Entwicklung. "Das Bankgeheimnis bleibt", sagte Rothensteiner zur Austria Presse Agentur (APA). Er sehe auch keine wirklichen Veränderungen. Daher glaube er auch nicht an Auswirkungen dieser "technischen Änderungen" auf sein Institut bzw. auf den Finanzplatz Österreich. "Gauner und Verbrecher sind sowieso nicht unsere Kunden, ordentliche Leute können mit der Regelung ganz normal weiterleben", so Rothensteiner.

Nowotny zufrieden, EU-Kommission zurückhaltend

Auch OeNB-Gouverneur Nowotny hat "die von Vizekanzler Josef Pröll vorgestellte Interpretation des Bankgeheimnisses" begrüßt. Dies stelle "einen willkommenen Schritt in Richtung mehr Transparenz dar", teilte Nowotny am Freitagnachmittag in einem Statement mit.

Die EU-Kommission hat laut APA zunächst zurückhaltend auf die Ankündigung Österreichs reagiert. Die Sprecherin von Steuerkommissar Laszlo Kovac, Maria Assanikoupolou, sagte demnach, sie kenne den Vorschlag noch nicht. Es komme darauf an, was genau darin enthalten sei.

Schweiz und Luxemburg ziehen nach

Auch die Schweiz und Luxemburg gaben heute Vergleichbares bekannt. Die Schweiz will bei der internationalen Zusammenarbeit gegen Steuerdelikte den OECD-Standard übernehmen. Damit soll die Zusammenarbeit auch im Falle der Steuerhinterziehung auf konkrete und begründete Anfrage möglich werden, wie das Eidgenössische Finanzdepartement in Bern mitteilte.

Luxemburg lenkt ebenfalls ein. Das Großherzogtum ist künftig zum Informationsaustausch mit anderen Ländern nicht nur bei Verdacht des Steuerbetrugs, sondern auch bei einem konkreten Verdacht auf Steuerhinterziehung bereit, wie Budgetminister Luc Frieden am Freitag mitteilte.

Luxemburg war bisher zum Informationsaustausch mit anderen EU-Ländern nur bereit, wenn es um schweren "Steuerbetrug" ging. Dies setzte eine systematische Anwendung von betrügerischen Machenschaften und "erhebliche Beträge" voraus, die dem Fiskus vorenthalten werden. (Regina Bruckner)