Bratislava - Zum 70. Jahrestag der Gründung des sogenannten ersten slowakischen Staates am 14. März 1939 haben am Samstag Neonazis und Antifaschisten Kundgebungen vor allem in der Hauptstadt Bratislava organisiert. Ein Großaufgebot der Polizei war im Einsatz, um Zusammenstöße vor allem zwischen Skinheads und Antifaschisten zu verhindern.

Reitereinheit der Polizei

Eine extremistische Kundgebung vor dem Präsidentenpalast wurde auf Anordnung der Stadtverwaltung aufgelöst, als Teilnehmer den faschistischen Gruß der "Hlinka-Garde" (1939-45) riefen. Einige Extremistenvertreter wurden festgenommen. Die Polizei drängte die rund 400 Kundgebungsteilnehmer auch mit einer Reitereinheit vom Präsidentenpalast weg. Ursprünglich wollten sie zum Grab des umstrittenen Präsidenten des Hitler-Marionettenstaates, Prälat Jozef Tiso, marschieren. Tiso war im Jahr 1946 wegen Kollaboration mit Nazi-Deutschland verurteilt und hingerichtet worden.

Vom Vatikan gerügt

Im Stadtzentrum fand eine Gegendemonstration statt, deren Teilnehmer betonten, dass der slowakische Staat der Kriegszeit totalitäre Züge getragen habe. So wurde damals eine Verordnung "Über die rechtliche Stellung der Juden" erlassen, auf deren Basis 70.000 Juden in Nazi-Konzentrationslager deportiert wurden. Außerdem wurden alle Parteien verboten. Diktator Josef Tiso wurde wegen seiner Untaten vom Vatikan gerügt, aber nicht exkommuniziert. Der katholische Priester hatte den Staat Slowakei am 14. März 1939 nach persönlicher Rücksprache mit Adolf Hitler gegründet und damit die von Deutschland betriebene Zerschlagung der Tschechoslowakei erleichtert.

Aufarbeitung

Die meisten Zeitungen erschienen zum Jahrestag mit Sonderbeilagen und Sonderseiten zur Aufarbeitung des kontroversen Geschichtsthemas. Mehrere TV- und Radiostationen brachten Sondersendungen, in denen Historiker zu Wort kamen. Damit sollte offensichtlich vor allem verhindert werden, dass nur die vergangenheitsverklärende faschistische Splittergruppen allein die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich zogen. Die großen politischen Parteien ignorierten das Jubiläum hingegen weitgehend.

Abgesehen von neofaschistischen Organisationen hatten in der Vergangenheit vor allem Würdenträger der katholischen Kirche, insbesondere der Erzbischof der Diözese Trnava, Jan Sokol, mit glorifizierenden Äußerungen über das 1939-1945 bestehende Regime für Aufsehen gesorgt. (APA/dpa)