Bild nicht mehr verfügbar.

Die Kritik von Verfassungsgerichtshofs-Präsident Gerhart Holzinger sei die eines "technischen Laien" aus persönlicher Sicht gewesen, sagt Johannes Hahn.

Foto: REUTERS/Herwig Prammer

Wien - Wissenschaftsminister Johannes Hahn (ÖVP) sieht die bei den bevorstehenden Hochschülerschafts-Wahlen (26. bis 28. Mai) erstmals geplante Möglichkeit zur elektronischen Stimmabgabe nur als "Ergänzung und Erweiterung" zur herkömmlichen Papierwahl. "Aus heutiger Sicht würde ich nie dafür plädieren, dass das ausschließlich ist. Das ist ein zusätzlicher Kanal", sagte Hahn im Gespräch mit der APA. Für den Widerstand gegen E-Voting ortet er mehrere Gründe, in Richtung kritischer Studentenschaft appelliert Hahn: "Studenten sollten den Anspruch haben, gesellschaftliche Avantgarde zu sein."

E-Voting sei eine Alternative, es werde niemand dazu gezwungen, betonte Hahn. "Ich weiß nicht, wo da die Aufregung ist. Wer es nutzen will, kann es nutzen, und wer der Sache nicht traut, hat drei Tage die Möglichkeit, persönlich zur Wahl zu gehen." Es sei einfach an der Zeit, dass man diese Möglichkeit bei einer "signifikanten Wahl" anbiete und damit einer Entwicklung Raum breche. Schließlich laufe heute schon vieles an der Uni elektronisch ab, von Lehrinhalten bis zum elektronischen Inskribieren oder Prüfungsergebnisse abfragen.

Kritik von "ein paar studentischen Funktionären" ...

Deshalb hätten ihn auch Studierende auf die Möglichkeit des E-Voting "gestoßen", sagte Hahn. Und in der Studentenschaft ortet Hahn auch große Zustimmung, Umfragen haben eine mehr als 80-prozentige Zustimmung zur Möglichkeit des E-Voting ergeben. Bei den kritischen Stimmen hat Hahn dagegen das "Gefühl, das reduziert sich auf ein paar studentische Funktionäre". Auch "plötzlich zu Bedenkenträgern" werdende Kritiker wie FP-Wissenschaftssprecher Martin Graf oder die Grüne Bundessprecherin Eva Glawischnig hätten sich früher positiv dazu geäußert.

... und "technischen Laien"

Die Kritik von Verfassungsgerichtshofs-Präsident Gerhart Holzinger sei die eines "technischen Laien" aus persönlicher Sicht gewesen. Verfassungsrechtlich sehe Holzinger keine Bedenken, ist Hahn nach einem Gespräch mit dem VfGH-Chef überzeugt. Bei manchen Kritikern ortet Hahn auch eine "leichte Technologiefeindlichkeit", bei anderen die "Sorge vor dem Überwachungsstaat". Und "manche Gruppierungen, eher linke, sind sehr pragmatisch und glauben, besser mit der physischen Abstimmung bedient zu sein, weil sie auf ihre Organisationskraft vertrauen." Aus diesem Grund habe sich auch "die Wiener SPÖ immer sehr stark gegen die Briefwahl gewehrt", kann sich Hahn einen kommunalen Seitenhieb nicht verkneifen.

"100-prozentig sicher"

Die Techniker würden sagen, so Hahn, E-Voting sei 100-prozentig sicher. Für ihn selbst gebe es "immer Unabwägbarkeiten, aber wir haben bisher alles technisch Mögliche getan, dass das sicher abläuft". Zudem sei die elektronische Stimmabgabe aus Sicherheitsgründen zeitlich nach vorne geschoben worden (das E-Voting erfolgt in der Woche vor der ÖH-Wahl, Anm.) und man habe mit dem Prüfcode noch eine weitere Sicherung eingebaut. Dieser ermöglicht allen E-Wählern zu überprüfen, ob ihre elektronische Stimme auch tatsächlich angekommen ist.

Wahlbeteiligung "sekundär"

Erfolgreich wäre für Hahn das Pilotprojekt, wenn das elektronische Wahlsystem "funktioniert und stabil ist". Denn es werde "sicher ein paar Sportler geben, die versuchen zu beweisen, dass das nicht stabil ist". Die Wahlbeteiligung hält er in diesem Zusammenhang für "sekundär", er glaubt nicht, "dass wir damit die Wahlbeteiligung in die Höhe pushen". Jene die elektronisch wählen, hätten ohnedies vorgehabt, an der ÖH-Wahl teilzunehmen.

VfGH-Präsident Holzinger "nach wie vor skeptisch"

Verfassungsgerichtshofs-Präsident Gerhart Holzinger steht dem E-Voting "nach wie vor skeptisch" gegenüber, das stellte VfGH-Sprecher Christian Neuwirth zu den Aussagen von Wissenschaftsminister Johannes Hahn (ÖVP) fest. Auch habe Holzinger im Gespräch mit Hahn keineswegs gemeint, dass er keine verfassungsrechtliche Bedenken sehe, wie von Hahn behauptet. Dazu habe es keine Bewertung gegeben. "Ob das E-Voting rechtlich problematisch ist oder nicht, wird der Verfassungsgerichtshof klären, wenn ihm diese Frage vorgelegt wird", so Neuwirth.

Auch SPÖ skeptisch

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter teilt die Skepsis von VfGH-Präsident Gerhart Holzinger im Zusammenhang mit dem E-Voting und kündigt im Falle von Unregelmäßigkeiten bei der ÖH-Wahl oder der Briefwahl im Verlauf der EU-Wahlen Konsequenzen an. "Wenn der Präsident des Verfassungsgerichtshofes einen sehr kritischen Zugang zu dieser Form des Wählens erkennen lässt, ist das maximal ernst zu nehmen. Die Avantgarde-Aussagen von Wissenschaftsminister Johannes Hahn im Zusammenhang mit den ÖH-Wahlen könnten später mit nachgewiesenen Wahlmanipulationen kollidieren", sagte er in einer Aussendung.

Evaluierung nach der Wahl

Mit Kräuter äußert sich auch die sozialdemokratische Spitzenkandidatin Sophie Wollner vom VSStÖ kritisch zum E-Voting - in der sozialdemokratischen Studentenorganisation "halte man nichts vom E-Voting". Für die SPÖ käme jedenfalls nach den Hochschülerschafts- und EU-Wahlen die Zeit des Evaluierens, im Herbst seien dann Parteiverhandlungen zur Optimierung des Wahlrechtes geplant. Kräuter: "Einerseits werden wir den Ablauf der ÖH-Wahlen akribisch beobachten und im Falle von demokratiepolitischen Defiziten glasklare Konsequenzen für die Zukunft ziehen. Andererseits werden auch denkmögliche fragwürdige Praktiken bei der Briefwahl im Verlauf der EU-Wahlen genau zu analysieren sein."

Kräuter verweist auf Vorgänge bei den Kärntner Landtagswahlen, beispielsweise seien von ÖVP-Funktionären Dutzende Vollmachten für die Abholung von Wahlkarten vorgelegt worden. "Ich gehe davon aus, dass ÖVP-Generalsekretär Kaltenegger gemeinsam mit mir sehr sorgfältig darauf achtet, dass eine Verletzung des persönlichen und geheimen Wahlrechtes ebenso auszuschließen ist, wie taktisches Wählen nach Schließung der Wahllokale", so Kräuter. (APA)