Was im Computerbereich unerreichbar scheint, erreichten iPod und iTunes: Apple hat die Welt der digitalen Musik fest im Griff. Als Nächstes lockt das Geschäft mit den bewegten Bildern. Apple ist seit ein paar Jahren dabei, sein Produktportfolio massiv umzubauen. Einen guten Teil des Umsatzes machen nicht mehr Computerhardware und -software aus, sondern Musik-Player und Online-Verkäufe von Musik und Filmen. Obwohl CD und DVD noch immer 90 Prozent des Marktes ausmachen, steigen die Umsatzzahlen des digitalen Handels schnell an, so eine Statistik der IFPI. Mit iPod, iTunes und iTunes Store hat Apple diesen Geschäftsbereich für sich beansprucht.
Pech mit Computern, Glück mit Musik
Die Erfolgsgeschichte des iPods beginnt 2001. Die technische Grundlage bilden drei Komponenten, die gut zusammenspielen: iTunes als Musikverwaltungsprogramm, der iPod als Abspielgerät und der iTunes Music Store (später iTunes Stores) als Online-Handel. Alle drei zeichnen sich durch leichte Bedienbarkeit und das Apple-gewohnte, Style-orientierte Design aus. Zentrale Schnittstelle ist das Programm iTunes, das sich mit dem iTunes Store verbindet und die Musik auf dem iPod verwaltet.
Der Zeitpunkt für den Verkaufsstart des iPods – wenige Wochen nach dem 11. September – war unglücklich. Trotzdem entwickelte sich das Gerät schnell zum Verkaufsschlager, dank der eingeschworenen Apple-Fans sowie einer geschickten Marketingstrategie: Der weiße Ohrstöpsel wurde zum Erkennungssymbol.
Nach zwei Jahren der Bindung an den Mac folgte die Öffnung des iPods für Microsoft Windows, was die Nachfrage schlagartig erhöhte. Gleichzeitig ging der iTunes Music Store online. Wegbereiter des Musikvertriebs über das Internet war die Tauschbörse Napster, die kurz zuvor – nach langen gerichtlichen Auseinandersetzungen – geschlossen worden war. Der Erfolg von Napster hatte gezeigt, dass es einen Markt für digitale Musikdateien gibt.
Musikindustrie: Der Riese bewegt sich – langsam
Die Verhandlungen zwischen den großen Musiklabels und Apple waren zäh. Steve Jobs hatte klare Vorstellungen: Alle Songs sollten einzeln verkauft werden, und jeder Song sollte 99 Cent kosten. Die Plattenfirmen gingen darauf nur widerstrebend ein. Die Musikdateien waren mit einem Digital Rights Management (DRM)-Schutz versehen, der Verwendung und Weiterverbreitung erheblich einschränkte.
In der Folge löste vor allem das DRM erhebliche Kritik am iTunes Store aus. Im Unterschied zur CD erwarb der Online-Käufer Dateien, die er nur eingeschränkt nutzen konnte. Das verhinderte aber nicht, dass bis heute nach Apple-Angaben 6 Milliarden Dateien im iTunes Store erworben und heruntergeladen wurden. Trotzdem war der Druck so groß, dass sich alle Beteiligten darauf einigten, diese Beschränkungen fallen zu lassen. Bis April dieses Jahres sollen alle Dateien DRM-frei verfügbar sein.
In den USA konkurriert der iTunes Store mit WalMart, BestBuy oder Amazon und lag im vergangenen Jahr bei rund 20 Prozent. Im deutschsprachigen Raum ist der Anteil etwas höher; hier liegt der iTunes Store in einem Kopf-an-Kopf-Rennen mit Musicload von T-Online.
Volle Kontrolle mit dem iPod
Bis heute gingen nach Angaben von Georg Albrecht, Pressesprecher von Apple Deutschland, weltweit 200 Millionen iPods über die Ladentische. In den englischsprachigen Ländern hat der iPod einen Marktanteil von 70 Prozent. Ein Drittel des Umsatzes von Apple stammt inzwischen aus den Geräteverkäufen von iPods und dem Musikverkauf über den iTunes Store.
Seit 2005 stellt Apple die Weichen in Richtung bewegte Bilder. Aber die Entwicklung scheint nur zögernd und keinesfalls so zielstrebig wie im Musiksektor voranzugehen. Die Set-Top-Box Apple TV, die seit 2007 erhältlich ist, könnte eine zentrale Medienschnittstelle im Wohnzimmer werden, verbunden mit dem iPod als Kontrollgerät und dem Filmkauf (oder -miete) über iTunes. „Apple TV ist für uns ein ‚Hobby’, das immer spannender wird“, sagt Georg Albrecht von Apple. Aber es tauchen vermehrt Hinweise darauf auf, dass hinter dem Engagement mehr als nur Freizeitaktivität steckt.
Die notwendige Anlaufphase für ein großflächiges Angebot von Spielfilmen und Serien ist sehr groß. Im Musikbereich kann man mit den Angeboten von Independent Labels und Direktvermarktungen schnell ein ansehnliches Angebot schaffen. In der Filmbranche ist der Online-Händler in stärkerem Maße auf die großen Studios angewiesen. Diese sind inzwischen alle bei Apple im Boot, und der schleichende Ausbau des iTunes Stores zu einem Kaufhaus für alle Medien hat begonnen. Etliche Fernsehserien sind bereits verfügbar; in den amerikanischen iTunes Stores sind auch schon Spielfilme erhältlich. Im deutschsprachigen Raum wird bald mit dem Start des Angebotes gerechnet.
iPhone, iTV und...
Die Ausgangsposition ist nicht schlecht: Apple verfügt über die Vertriebsinfrastruktur sowie technische Komponenten, die sehr gut zusammenspielen. Apple TV – erweitert um Fernseh-Streaming- und Videorekorderfunktionen – könnte zum Heimmediencenter werden. Wenn sich die Geschichte des digitalen Musikmarktes auch im Filmbereich wiederholt, wäre Apple auf einmal ein weltweiter Medienkonzern. Dabei ist der Preis für die mediale Ware gar nicht das größte Problem. Wer weite Teile der Vertriebswege dominiert, gerät nur allzu oft in Versuchung, auch auf die Inhalte Einfluss nehmen zu wollen.
Allerdings versuchen viele Unternehmen, ihren Anteil an diesem Geschäft zu bekommen, um Apple das Feld nicht zu überlassen. Microsoft und Sony gehen mit der Xbox 360 und PlayStation 3 einen technisch ähnlichen Weg: Ursprünglich als Spielekonsole gestartet, greifen die Anwender direkt auf die Online-Marktplätze zu, über den auch Spielfilme vertrieben werden. Einen anderen Weg gehen Plattformen wie Hulu oder Maxdome. Dort werden Fernsehserien und Spielfilme als kostenloses, werbefinanziertes Video-Streaming angeboten.
iBook und iGameboy
Die Krönung einer umfassenden Medienabdeckung könnte für Apple ein Deal werden, der derzeit mit dem Internethändler Amazon Konturen annimmt. Für das vor Kurzem vorgestellte eBook-Lesegerät Kindle 2 bietet Amazon jetzt zusätzlich die Software Kindle for iPhone and iPod Touch, mit der die elektronischen Bücher auch auf den Apple-Geräten lesbar sind.
Die beiden portablen Flaggschiffe des Konzerns greifen überdies hinaus noch einer weit jüngeren Entertainment-Krone. Dank AppStore und Touchscreen haben nun auch Spielentwickler einen Fuß in Apples-Ökosystem gesetzt. (Markus Drenckhan, derStandard.at)