Zagreb/Ljubljana/Wien - Die jüngsten Nachrichten aus Brüssel waren für Zagreb nicht besonders erfreulich. Die EU-Kommission und der tschechische Ratsvorsitz forderten Kroatien auf, sich bei der Umsetzung der Reformen in den Bereichen Justiz und Verwaltung sowie im Kampf gegen das organisierte Verbrechen mehr anzustrengen. Gleiches verlangte der Kroatien-Berichterstatter des Europaparlaments, der österreichische Abgeordnete Hannes Swoboda.
Zur Erinnerung: Mehrere Morde im Dunstkreis der mafiösen Netzwerke, die Kroatien und den gesamten Westbalkan überziehen, sind nach wie vor unaufgeklärt. Prominentestes Opfer war der Starjournalist und Zeitungsverleger Ivo Pukanić, der Ende Oktober 2008 gemeinsam mit einem Kollegen in Zagreb von einer Autobombe getötet wurde.
Aber nicht nur der bisher wenig erfolgreiche Anti-Mafia-Kampf wird den EU-Beitritt des Landes verzögern, voraussichtlich auf Anfang 2012, wie Swoboda jetzt andeutete. Dafür sorgt vor allem der Grenzstreit mit Slowenien, das aus diesem Grund die Beitrittsverhandlungen blockiert. Einer EU-Vermittlung unter dem finnischen Ex-Präsidenten Martti Ahtisaari hat nun, nach Ljubljana, zwar auch Zagreb zugestimmt. Aber wie es scheint, spielen beide Seiten weiter auf Zeit.
Die Slowenen vertrauen offensichtlich darauf, dass Kroatien mit Blick auf den EU-Beitritt letztlich nachgibt. In Kroatien wiederum könnte man die Blockade zum Vorwand nehmen, die Reformen nicht energisch genug voranzutreiben. Man könnte Ljubljana die Schuld daran geben und auf Milde in Brüssel hoffen. Das allerdings könnte sich angesichts der verbreiteten Erweiterungsmüdigkeit in der EU als Fehlkalkül erweisen. (Josef Kirchengast, DER STANDARD, Printausgabe, 16.03.2009)