Wien - Im Vorfeld des Weltfinanzgipfels in London haben die Finanzminister der G-20-Länder unter anderem strengere Regeln für die Finanzmärkte vereinbart. Die österreichische Kreditwirtschaft hat nun Angst vor einer "neuen Welle der Überregulierung", zumal eine solche den Banken auch nach der Krise Kosten aufbürde. Eine europäische "Super-Behörde" lehnen die heimischen Banken ab, goutieren stattdessen das vorgeschlagene Kooperationsmodell der europäischen Aufsichtsbehörden.

Die geplante Reform der Finanzmärkte soll neben Regulierungsänderungen auch eine verbesserte Zusammenarbeit der internationalen Aufsichtsbehörden beinhalten. Die von der Kommission eingesetzte Expertengruppe sehe die Schwäche in der mangelnden Harmonisierung bei der Umsetzung der Regularien sowie in einer wenig effizienten grenzüberschreitenden Zusammenarbeit der Behörden, sagte Herbert Pichler, Geschäftsführer der Sparte Bank und Versicherung der Wirtschaftskammer (WKÖ), am Montag vor Journalisten.

Dezentrales Kooperationsmodell

Im derzeitigen politischen Umfeld sei ein dezentrales Kooperationsmodell, das sowohl die lokale Kenntnis der Behörden nützen als auch eine bessere grenzüberschreitende Abstimmung erreichen soll, "ein realistisches Modell", das die Kreditwirtschaft unterstütze, so Pichler. Dass die volkswirtschaftliche Kompetenz der Zentralbanken stärker in die Bankenaufsicht eingebunden werden soll, erachtet die Bundessparte ebenfalls für sinnvoll.

Alle derzeitigen Pläne zu Basel II gingen in Richtung Verschärfung der Eigenkapitalvorschriften - freilich "ohne das Wort Basel zweieinhalb in den Mund zu nehmen", sagte Pichler und warf ein, dass "Basel II in dieser Krise prozyklischer wirkt als gedacht". Eine Kreditklemme bedeute dies aber nicht, betonte Pichler auf Nachfrage. Für Private sowie kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sieht er jedenfalls keine Klemme. Es gebe den Vorschlag, in wirtschaftlich guten Zeiten einen zusätzlichen Kapitalpuffer aufzubauen, wie es die spanische Notenbank schon bisher vorgesehen habe. Dies und die ebenfalls diskutierte Verschärfung der Eigenmittelverpflichtungen bei Wertpapierbeständen im Handelsbuch tragen in Pichlers Augen keineswegs zur Abmilderung der "überproportional prozyklischen Effekte in der aktuellen Situation" bei. Der Aufbau eines zusätzlichen Kapitalpolsters könne höchstens mittelfristig von Bedeutung sein.

Rechnungslegungsbestimmungen

Bei den internationalen Rechnungslegungsbestimmungen sei eine Klärung nötig, wo wegen der Marktprobleme von der Fair-Value-Bewertung abgegangen werden kann. "Man muss definieren, wo die Marktbewertungsmethode Sinn macht und wo nicht", meinte Pichler. Auch die vorgesehene Registrierung und Überwachung von Ratingagenturen sagt Pichler zu. Diese Aufgabe sollten dann die europäischen Wertpapieraufseher übernehmen. Man habe auch den Wunsch der Kommission nach einer Reduktion externer Ratings registriert. "Unverzichtbar" sei zudem, dass alle Anbieter von Finanzdienstleistungen vergleichbaren Regelungen unterliegen.

Zwar sollten die regulatorischen Lücken geschlossen werden, die durch Regulierung verursachten Kosten dürfe man aber nicht außer Acht lassen. Laut einer dabei ebenfalls heute präsentierten Studie des Beraters Confidum St. Gallen seien 2007 im Inlandsgeschäft der österreichischen Kreditwirtschaft 297 Mio. Euro an regulatorischen Gesamtkosten (u. a. für die Umsetzung der Zahlungsdienste- und Verbraucherkredit-Richtlinie) angefallen. Von 2005 bis 2007 seien die regulatorischen Gesamtkosten um 70 Prozent gestiegen, so Edgar Schirl von Confidum. Dieser Anstieg sei neben Basel II (rund 120 Mio. Euro jährlich) u.a. auf die Finanzmarktrichtlinie MiFID, MSK (Mindeststandards für das Kreditgeschäft) sowie die Implementierung des risikoorientierten Meldewesens (ROM) zurückzuführen. Die Umsetzung und Einhaltung von Regularien hätten 2007 rund 3,2 Prozent des Betriebsaufwandes heimischer Banken ausgelöst. Vergleichbare Zahlen aus dem Ausland gebe es nicht. Der österreichische Bankkunde habe die regulatorischen Mehrkosten aber nicht bezahlen müssen, versicherte Christof Grabher von Confidium. Eher seien die Zusatzkosten "zu Lasten des Eigenkapitalaufbaus" gegangen.(APA)