Die meisten Serienmörder haben eine Kindheit hinter sich, in der sie missbraucht und misshandelt wurden. Nicht alle Menschen mit einer solchen Kindheit werden zu "Monstern", aber die forensische Psychologie stellt bei einem bestimmten Tätertypus mit extremer Gefühlskälte und Mangel an Empathie fast immer schwere Kindheitstraumata fest.

Josef F. ist kein Serienmörder, aber jemand, der seine Machtfantasien auf andere, kaum weniger schreckliche und zerstörerische Weise auslebte. Sexuelle Gewaltanwendung hat fast immer mit dem Ausleben von Machtgelüsten und Fantasien von ungehemmter Verfügungsgewalt über andere zu tun. Josef F. behauptet laut Gerichtsgutachterin glaubwürdig, als Kind das Opfer von Misshandlung und Gefühlskälte durch seine Mutter geworden zu sein. Das ist keine Entschuldigung - er ist zurechnungsfähig -, aber es ist eine Warnung. Manchmal erhält man in Österreichs Alltag einen kurzen, zufälligen Einblick in Situationen, in denen der Schrecken 20 oder 30 Jahre später schon angelegt ist. Misshandlung oder auch nur Liebesentzug ist ein Verbrechen an Kindern, das man nicht ignorieren darf. (Hans Rauscher/DER STANDARD-Printausgabe, 17.3.2009)