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Präsident Medwedew will das russische Atomarsenal modernisieren

Foto: AP/RIA Novosti

Moskau - Als Reaktion auf den wachsenden Einfluss der NATO im früheren sowjetischen Machtbereich will Russland seine Atomstreitkräfte modernisieren. "Die Versuche, die militärische Infrastruktur der NATO bis an die Grenzen unseres Landes heranzurücken, setzen sich fort", sagte der russische Präsident Dmitri Medwedew am Dienstag beim jährlichen Treffen mit seinem Verteidigungsstab. Auch angesichts regionaler Konflikte und terroristischer Bedrohungen sei es unbedingt erforderlich, die Armee und Flotte ab 2011 "umfassend umzurüsten" und die "Gefechtsbereitschaft der strategischen Atomwaffen" zu erhöhen. Wegen der Finanzkrise wurde zuletzt das Militärbudget zusammengestrichen.

Vor einem Monat hatte die Regierung den Streitkräfte-Etat um 15 Prozent gekürzt und weitere Kürzungen nicht ausgeschlossen. Unabhängig von der Finanzkrise verfüge Russland über ausreichende Ressourcen für die Neuausrüstung der Armee und Flotte, sagte hingegen Medwedew. "Sie müssen in der Lage sein, alle Aufgaben zu erfüllen, um Russlands Sicherheit zu gewährleisten." Medwedew hob hervor, dass sowohl qualitativ als auch quantitativ viel mehr Waffen und Militärtechnik für die Streitkräfte gekauft werden müssen. Allerdings nannte der Kreml-Chef keine konkrete Summe, die der Staat bis 2020 investieren will. Das modernisierte Raketensystem Topol-M wird ab 2016 den Kern der landgestützten strategischen Atomwaffen Russlands bilden, verkündete Verteidigungsminister Anatoli Serdjukow.

Beziehungen zu Washington

Die Aufrüstungspläne Moskaus dürften in Washington für Irritationen sorgen: Mit Amtsantritt des neuen Präsidenten Barack Obama hatten sich die bilateralen Beziehungen zunächst deutlich entspannt. Obama hatte angekündigt, die geplante US-Raketenabwehr in Europa auf den Prüfstand zu stellen, was Russland begrüßt hatte. Moskau hatte die unter Obamas Vorgänger George W. Bush entwickelten Pläne für den Abwehrschild stets als Affront aufgefasst. Bush hatte auch die Aufnahme der früheren Sowjet-Staaten Ukraine und Georgien in die NATO grundsätzlich befürwortet.

Die Beziehungen zwischen Washington und Moskau waren außerdem wegen des russischen Vorgehens im Kaukasus-Konflikt gegen Georgien in den vergangenen Monaten angespannt. Im Hinblick auf den Konflikt im vergangenen Sommer sagte Medwedew am Dienstag, die russischen Streitkräfte hätten "gut reagiert". Zugleich habe der Konflikt jedoch auch die "Schwächen" Russlands gezeigt. Schwierigkeiten bei der Lieferung bestimmter Waffengattungen und der Bereitstellung bestimmter Kommunikationsmittel seien "wohlbekannt und erfordern eine sofortige Reaktion". Die georgische Regierung hatte im vergangenen August eine Offensive gestartet, um die Kontrolle über das abtrünnige Südossetien wiederzuerlangen. Moskau hatte darauf mit der Entsendung seiner Streitkräfte nach Georgien reagiert.

Bereits Medwedews Vorgänger Wladimir Putin hatte wiederholt eine Modernisierung des Waffenarsenals verkündet. Experten zufolge blieben die Umsetzung bisher aber weit hinter den Ankündigungen zurück. Seit Jahren tritt das russische Militär bei der überfälligen Reform auf der Stelle. Ein Großteil der Atomwaffen stammt noch aus Sowjetzeiten und muss erneuert werden. Die Flugtests für die neue Interkontinentalrakete Bulawa waren zuletzt mehrmals missglückt. Auch das militärisch wie zivil zu nutzende Satelliten-Navigationssystem GLONASS, eine Antwort auf das seit langem funktionierende US-System GPS, verzögert sich seit Jahren.

In den Streitkräften herrscht große Verunsicherung, da im Rahmen der Reform das Offizierkorps deutlich verringert werden soll. Insgesamt ist eine Reduzierung um 300.000 auf 1 Million Soldaten geplant. Ziel ist es, das unflexible Heer aus den Zeiten des Kalten Krieges in effektive Kampfverbände umzuwandeln. (APA/Reuters/dpa/RIA)