Der Amoklauf des 17-jährigen Tim Kretschmer von Winnenden und Wendlingen hat zahlreiche Trittbrettfahrer animiert. Bis Montag hätten allein in Baden-Württemberg 52 Personen eine ähnliche Bluttat angedroht, sagte Innenminister Heribert Rech am Dienstag in Stuttgart. 39 davon seien ermittelt worden, gegen fünf sei Haftbefehl erlassen worden. Gegen 13 liefen noch die Ermittlungen.

Von den 52 hätten sich 20 über das Internet gemeldet, 32 telefonisch oder in anderer Form. "Wir müssen davon ausgehen, dass wir mit weiteren Trittbrettfahrern zu rechnen haben", sagte der Minister. Diese Drohungen belasteten die Arbeit der Polizei erheblich.

Unterdessen wurden auch bei Schülern eines Gymnasiums in Frankfurt an der Oder Waffen gefunden. Wegen des Verdachts auf einen geplanten Amoklauf wurden die beiden 15-Jährigen von Polizisten aus dem laufenden Unterricht geholt. Sie hatten mehrere Waffen in einem Rucksack in ihrem Internatszimmer, wie die Staatsanwaltschaft am Dienstag erklärte. Nach einer Überprüfung wurden sie nach Hause geschickt. Sie hätten nach ersten Erkenntnissen keine konkreten Pläne für ein Verbrechen gehabt, sagte Staatsanwalt Michael Neff.

Waffen im Rucksack

Die Heimleitung hatte den Rucksack bereits am Montag entdeckt und umgehend die Polizei verständigt. In der Tasche befanden sich den Ermittlungen zufolge mehrere Messer, ein Wurfstern sowie Schreckschusspistolen und ein Soft-Air-Gewehr. "Es wird derzeit überprüft, ob die Leistung der Waffen strafrechtlich relevant ist", sagte Neff. Der Besitzer des Rucksacks habe zum Hintergrund erklärt, er sei ein Waffenfan. Er muss mit einer Anklage wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz rechnen.

Als ernst wird die Bedrohung durch einen 17-Jährigen eingeschätzt, der im Internet einen Amoklauf im Raum Ehingen angedroht hat und dafür jetzt in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht worden ist. Ein ärztliches Gutachten müsse klären, ob der Jugendliche schuldfähig ist und eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt, sagte am Dienstag ein Sprecher der Staatsanwaltschaft in Ulm. "Das ist kein Trittbrettfahrer", fügte er hinzu. Es bestehe wirklich eine "Problematik", die behandelt werden müsse - eine Gefahr sei daher nicht auszuschließen. Der 17-Jährige aus dem Raum Ehingen in Baden-Württemberg ist seit längerer Zeit in psychiatrischer Behandlung.

Bereits am vergangenen Donnerstag hatte der Jugendliche nach Polizeiangaben im Internet eine ähnliche Tat wie den Amoklauf von Winnenden für eine Gemeinde im Raum Ehingen angedroht. Auf einem dazu veröffentlichten Bild war er vermummt und mit einer Pistole zu sehen. Der Betreiber des Internetportals löschte den Eintrag und verständigte die Polizei. Diese durchsuchte die Wohnung des 17- Jährigen und fand dort die Pistole - eine Soft-Air-Waffe. Außerdem entdeckten die Beamten Datenträger und Computerspiele mit Gewaltdarstellungen.

Trauerfeier

Der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger sagte unterdessen, für die zentrale Trauerfeier am Samstag in Winnenden schwankten die Prognosen zwischen 30.000 und 100.000 Gästen. Es sei schwierig zu sagen, wie diese Gäste die kleine schwäbische Stadt erreichen und wo sie die Feier verfolgen könnten. Es gebe in Winnenden keine entsprechend großen Plätze. Zu der Feier haben sich unter anderem Bundespräsident Horst Köhler sowie die Bundeskanzlerin Angela Merkel angesagt. Den Gottesdienst gestalten die beiden großen christlichen Kirchen.

Oettinger sprach sich gegen den Einsatz von Metalldetektoren oder zusätzliche Hausmeister in Schulen aus. "Ich wehre mich dagegen, dass die Schule der Ort wird, in dem Gemeinschaft nicht mehr stattfindet", sagte der CDU-Politiker. Zur Diskussion über die Kontrolle der registrierten Waffen sagte Innenminister Rech, es gebe bereits für Jäger eine Beschränkung auf zwei Faust- und drei Langwaffen. "Die entscheidende Frage ist nicht, wie viele Waffen auf einer Karte eingetragen sind, sondern die Zuverlässigkeit des legalen Besitzers", sagte Rech.

Unterdessen kündigte die Schulbehörde an, dass für die Schüler der Albertville-Realschule am kommenden Montag wieder der Pflichtunterricht beginne. Bis dahin könnten die Schüler das freiwillige Unterrichts- und Betreuungsangebot nutzen, sagte der leitende Schulamtsdirektor Wolfgang Schiele auf einer Pressekonferenz in Winnenden. Das Angebot werde sehr stark angenommen. Am Montag hätten 90 Prozent der Schüler davon Gebrauch gemacht. (APA/Reuters/AP/dpa)