Sepp Tschernutter: "Das Ganze professionell, modern, rasch und unaufgeregt abzuwickeln ist die beste Werbung für die Stadt und das Land".

Foto: Trimedia

In St. Pölten ist am Dienstag der zweite Verhandlungstag im Prozess gegen den 73-jährigen Josef F. über die Bühne gegangen. Dieses Mal war die Öffentlichkeit von Anfang an ausgeschlossen und durfte das Gerichtsgebäude gar nicht betreten. Nur ORF-Reporter erhielten die Gelegenheit im Verhandlungssaal über Minuten hinweg Fragen an den Angeklagten zu richten, was einigen Unmut unter den zahlreichen nach St. Pölten gereisten Journalisten auslöste. derStandard.at fragte den PR-Experten und Trimedia-Geschäftsführer Sepp Tschernutter, was er von dieser Vorgangsweise hält und was der Prozess für das Image von St. Pölten bedeutet.

derStandard.at: Heute durfte nur der ORF in den St. Pöltner Gerichtssaal, was sagen Sie zu dieser Vorgangsweise aus Sicht der PR?

Tschernutter: Grundsätzlich gilt: bediene alle Medien gleich, man kann aber aufgrund der Aktualität nach der Art des Mediums, ob TV, Hörfunk oder Print unterscheiden. Eine intransparente Bevorzugung führt zu Missverständnissen, Unmut und schadet vor allem den "Veranstaltern", also dem Gericht, der Stadt und schlussendlich dem Land. Verärgerte deutsche Journalisten etwa werden so wohl auch über diesen Nebenaspekt kritisch berichten.

Es spricht aber auch nichts dagegen, in derart außergewöhnlichen Situationen für bestimmte Anlässe, wie z.B. die Vorführung des Angeklagten, nur eine Auswahl von Kamerateams und Fotografen zuzulassen, die ihr Material dann zur Verfügung zu stellen haben. Diese Vorgangsweise bedarf einer umfassenden Information aller Medien über die Regeln und Abläufe bereits im Vorfeld. Transparenz und Rechtzeitigkeit sind hier die Schlüsselworte. Journalisten haben ihren Job zu machen und das Recht auf professionelle und transparente Rahmenbedingungen.

derStandard.at: Wie schätzen Sie generell die Pressearbeit rund um den Prozess ein?

Tschernutter:  Ein sehr schwieriges Unterfangen, das mit dem eingeschränktem Zugang zur Verhandlung, dem Pressezelt und den täglichen Briefings gut gelöst wird. Es macht absolut Sinn, den Opferschutz vorzuziehen und klare Kommunikationslinien zu fahren. Im Zweifel sind wir daher für den Schutz der Opfer und der Angeklagten, bei gleichzeitig maximaler Information über Vorgangsweisen und Resultate. Der Informationsbedarf der Medien und Öffentlichkeit ist verständlich, im Sinne der Betroffenen ist weniger aber meist mehr.

derStandard.at: Lässt sich abschätzen, was das Prozess für die Stadt St. Pölten und ihr Image bedeutet?

Tschernutter:
Für die Stadt bietet der Prozess die Chance, ihre Bekanntheit zu erhöhen. Er bietet aber auch die Gefahr, sich zu blamieren - nämlich beim Handling der Situation. Ich glaube jedoch nicht, dass das langfristig wirkt, denn die Karawane zieht weiter.

derStandard.at: Und was kann die Stadt tun, um möglichen Imageschaden abzuwenden?

Tschernutter: Das Ganze professionell, modern, rasch und unaufgeregt abzuwickeln ist die beste Werbung für die Stadt und das Land. (ae, derStandard.at)