Den Haag/Belgrad- Das UNO-Kriegsverbrechertribunal für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) in Den Haag hat am Dienstag den früheren Präsidenten des bosnisch-serbischen Parlaments, Momcilo Krajisnik, zu 20 Jahren Haft verurteilt. Es verkürzte somit die im September 2006 in erster Instanz ausgesprochene 27-jährige Haftstrafe. Der Spruch ist rechtskräftig.

Das Tribunal nahm beim Urteilsspruch am Dienstag einige Einwände des amicus curiae (Freund des Gerichtes) - einer qualifizierten dritten Partei im Verfahren - sowie Krajisnik gegen das erstinstanzliche Urteil an und wies den Antrag der Anklage auf eine lebenslange Haftstrafe zurück.

Laut Urteil war Krajisnik zusammen mit dem damaligen Präsidenten Radovan Karadzic und anderen führenden bosnisch-serbischen Funktionären an "verbrecherischen Vorhaben" beteiligt. Durch die Vertreibung von Bosniaken (Muslimen) und Kroaten aus Gebieten unter der Kontrolle der bosnischen Serben sollten ihre Pläne auf eine Veränderung der ethnischen Struktur des Landes abgezielt haben.

In erster Instanz war Krajisnik von Völkermord-Vorwürfen freigesprochen, aber unter anderem wegen  Mordes verurteilt worden. In der zweiten Instanz wurde Krajisnik nur noch für Deportationen, Zwangsumsiedlungen und Vertreibungen für schuldig befunden.

Im Berufungsverfahren ließ Krajisnik, der sich nach wiederholter Entlassung von Anwälten zuletzt selbst verteidigte, im November auch Karadzic als Entlastungszeugen vorladen. Dessen Aussage zielte darauf ab, dem Tribunal zu demonstrieren, dass Krajisnik in der Tat nicht die "Nummer zwei" in der Republika Srpska gewesen sei, wie dies allgemein angenommen wird. Karadzic befindet sich nach mehr als zehn Jahren auf der Flucht erst seit Juli des Vorjahres - wie auch Krajisnik - im Tribunalsgefängnis in Scheveningen.

Krajisnik wurde im April 2000 in der ehemaligen Hochburg der bosnischen Serben in Pale bei Sarajevo festgenommen und an das UNO-Tribunal überstellt. Er hat somit praktisch die Hälfte seiner Haftstrafe schon abgebüßt. (APA)