Yaounde/Berlin/Paris - Am ersten Tag seiner Afrika-Reise hat sich Papst Benedikt XVI. viel Kritik eingehandelt, nachdem er erstmals explizit seine Ablehnung von Kondomen kundgetan hat. Hilfsorganisationen und offizielle Stellen in Benedikts erster Station Kamerun reagierten angesichts der Aids-Problematik mit Unverständnis ebenso wie deutsche und französische PolitikerInnen und die WHO. Auch kirchenintern wurde bereits Kritik laut. Spanien reagierte tatkräftig und verschickte eine Million Kondome nach Afrika.
Katholisches Heilmittel: Enhaltsamkeit
Benedikt hatte auf dem Flug nach Kamerun vor JournalistInnen gesagt, die Verteilung von Kondomen sei nicht für die richtige Lösung im Kampf gegen Aids. "Im Gegenteil, es vergrößert das Problem", sagte der Papst. Die einzige Lösung sei vielmehr "eine spirituelle und menschliche Erneuerung der Sexualität". Die Katholische Kirche propagiert im Kampf gegen die Immunschwächekrankheit sexuelle Enthaltsamkeit und Treue in der Ehe.
Kampf gegen Aids nicht ernst genommen
Der Papst sollte besser die Verbreitung von Kondomen fördern und den Menschen ihre Verwendung beibringen, wenn er es ernst meine mit dem Kampf gegen Aids, sagte Rebecca Hodes von der südafrikanischen Organisation Treatment Action Campaign.
"Auf Realität an der Basis schauen"
Stanley Obale Okpu vom Ministerium für Stadtentwicklung in Kameruns Haupstadt Jaunde meinte: "Was der Papst sagt, ist ein Ideal für die katholische Kirche. Aber er muss auf die Realität an der Basis schauen." In ganz Afrika seien Kondome sehr wichtig, nicht nur für den Kampf gegen Aids, sondern auch zur Geburtenkontrolle.
Leben retten
Auch das Weltkinderhilfswerk UNICEF reagierte mit Unverständnis. Die deutschen SPD-Bundesministerinnen Heidemarie Wieczorek-Zeul (Entwicklung) Ulla Schmidt (Gesundheit) erklärten, Kondome spielten bei der Bekämpfung von Aids eine entscheidende Rolle. Die Immunschwächekrankheit gehöre nach wie vor zu den großen Bedrohungen der Menschheit. Kondome retteten Leben, sowohl in Europa als auch auf anderen Kontinenten.
Auch Frankreich verurteilte die Haltung des Papstes. Dessen Äußerungen gefährdeten die Gesundheitspolitik sowie zwingend notwendige Maßnahmen zum Schutz menschlichen Lebens, erklärte ein Sprecher des französischen Außenministeriums.
Vatikan verteidigt Haltung
Der Vatikan verteidigte die Haltung des Kirchenoberhauptes. Der Papst behalte die Position seiner Vorgänger bei, erklärte Vatikan-Sprecher Federico Lombardi. Kondome könnten zu riskanterem Verhalten führen.
Widerspruch
Dem widersprach der Direktor des HIV/Aids-Büros der Weltgesundheitsorganisation WHO, Kevin de Cock. Für die These der Kirche gebe es keinen wissenschaftlichen Beweis, sagte er der Nachrichtenagentur Reuters. Vielmehr verhindere der richtige und konsequente Gebrauch von Kondomen die Übertragung von HIV.
Million Kondome
Das sieht auch Spanien so und sendet eine Lieferung von einer Million Präservative nach Afrika. Mit der bevorstehenden Kondom-Lieferung solle die Ausbreitung von HIV und Aids in Afrika bekämpft werden, denn Kondome hätten sich "als notwendiger Bestandteil der Präventionspolitik" erwiesen und seien "eine wirksame Barriere gegen das Virus".
Selbst Kritik von Seiten der Kirche
An der Haltung des Vatikans wurde auch innerhalb der katholischen Kirche Kritik laut. "Wer Aids hat und sexuell aktiv ist, wer wechselnde Partnerschaften sucht, muss andere und sich selber schützen", schrieb der katholische Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke in einem Beitrag für die "Zeit". Es dürfe kein Tabu beim Thema Kondome geben, aber auch keine Mythen und Verharmlosungen, als sei damit die Welt in Ordnung. Die Kirche stehe nicht in einer finsteren Anti-Kondom-Ecke, von der aus sie die Welt einschüchtern wolle. (APA/ag./Reuters)