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IWÖ-Generalsekretär Zakrajsek sieht Waffenbesitz als zentrales demokratisches Recht

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Zu den Schießübungen der IWÖ kommen auch Frauen und Kinder

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Werbesujet der IWÖ: "Sprechblasen sind sinnvoll, weil sie die Verteidigungssituation darstellen"

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Türschnalle im Vereinsbüro im 9. Wiener Gemeindebezirk

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"Wozu brauchen Sie denn Ihre Waffe?" Mit dieser Frage bringt man Georg Zakrajsek aus der Fassung. "Die Frage, was ich brauche, ist nicht zulässig. Der Staat kann nicht sagen, er genehmigt nur das, was er glaubt", schnaubt der sonst stets freundliche Jurist. Keine Waffen zu erlauben, sei "eine totalitäre Einstellung. Die hatten Hitler und Stalin, aber wir nicht", sagt der pensionierte Notar mit der Halbglatze. "Wo sind wir denn?"

Wir sind in Österreich, wo nach jedem Amoklauf in einem uns vertrauten Land die übliche politische Waffendiskussion tobt. So wie vor einer Woche, als ein 17-Jähriger in einer Realschule im deutschen Baden-Württemberg 15 Schüler und sich selbst tötete. Die Grünen forderten prompt ein schärferes Waffengesetz, die Regierungsparteien verteidigten das bestehende. Allein FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache will unbeirrt den Zugang sogar erleichtern.

Ein Verein zum Schießen

"Das deckt sich weitgehend mit uns", sagt Zakrajsek über den FPÖ-Vorstoß. "Wir sind aber strukturierter, nicht so plakativ." Als Generalsekretär der "Interessensgemeinschaft Liberales Waffengesetz in Österreich" (IWÖ) hat er nicht nur die meisten Parteien, auch praktisch alle Medien gegen sich. Was Waffen betrifft, sehe er allerorts "Hysterie". Etwa 5000 Mitglieder habe der Verein, 40.000 bis 50.000, wenn man die Schützen- und Jagdvereine dazurechnet. Im Vorstand sitzen renommierte Juristen, "die auch bei der Gestaltung des Waffenrechts, bei der Gesetzgebung, oft mitarbeiten". Ein Schießeisen sein Eigen nennen zu dürfen, finden sie, müsse ein verfassungsmäßig garantiertes Grundrecht sein. Es sei doch nur vernünftig, dass "Leute, die damit umgehen können, die verlässlich sind und einen Grund dafür haben", einen Waffenpass bekommen, sagt Generalsekretär Zakrajsek. "Die Behörden lehnen ja Ansuchen ohne richtige Begründung ab."

"Wie viele Waffen weiß ich gar nicht"

Der juristische Eifer kommt nicht von ungefähr, auch privat sind Waffen die große Leidenschaft der IWÖ-Männer (und -Frauen). "Sechs Kategorie-B-Waffen, fünf Kategorie C-Waffen und eine Kategorie A-Waffe (Verbotene Schusswaffen und Kriegsmaterial, mit Sondergenehmigung möglich, Anm.), das ist mein Arsenal, wenn Sie so wollen", sagt Karl Sousek, IWÖ-Mitglied und Stammgast am Schießplatz des Heeres-Sportvereins in Stammersdorf. Auch Generalsekretär Zakrajsek hat als Sportschütze, Jäger und Sammler eine üppige Kollektion. "Wie viele Waffen es sind, weiß ich gar nicht."

Früher jedenfalls, als er noch Lehrer an der Grafischen Lehr- und Versuchsanstalt in Wien war, hatte er immer eine eingesteckt, auch in der Schule. "Da hat damals keiner danach gekräht", sagt Zakrajsek. Seine Schüler unterrichtete er auch in Waffenkunde und nahm sie auf Schießplätze mit. "Das sind lauter anständige Menschen geworden." Vereinsfreund Sousek kann da nur beipflichten: "Ich habe meiner Tochter den Umgang mit der Waffe schon im Kindesalter beigebracht. Muss man ja."

Waffenrecht nur bei Nazis eingeschränkt

Die IWÖ hat dabei einen Vorteil gegenüber der Schar an Kritikern: Sie beschäftigt sich seit der Gründung 1994 mit nichts anderem. Generalsekretär Zakrajsek etwa ist aufmunitioniert mit Gesetzestexten und Paragraphen, mit historischem Unterfutter, Statistiken, Beispielen und Anekdoten, die alle auf eines hinauslaufen: Warum eigentlich nicht? "Mit der Aufklärung 1848 durften alle Bürger Waffen haben, eingeschränkt wurde das erst durch die Nazis und Kommunisten", sagt er beispielsweise. Oder er verweist auf England, wo in den Neunzigern erst nach dem Beschluss eines rigiden Waffengesetzes die Morde in die Höhe geschnellt seien.

Selbe Mittel wie Angreifer

"Die legalen und die illegalen Waffen sind kommunizierende Gefäße. Reduziere ich den Bestand der legalen Waffen, bleiben nur mehr die illegalen." Soll heißen: Je mehr Waffen in einer Gesellschaft sind, desto vorsichtiger geht die Gesellschaft mit den Waffen um. Der Kriminelle komme ohnehin immer zu seinen Waffen, ist sich Zakrajsek sicher. Seine einfache Rechnung lautet: Wenn der Kriminelle aber selbst bei der jungen Mutter an der Supermarktkassa oder beim Trafikanten um die Ecke eine geladene Pistole wähnt, ist die Hemmschwelle für eine Attacke höher. Dann herrscht sozusagen Gleichstand im privaten Wettrüsten. Deswegen beharrt er auch darauf: "Eine Waffe zu haben ist ein Menschenrecht, weil wenn ich mein Leben verteidigen möchte, muss ich zumindest dieselben Mittel haben wie der Angreifer."

Läge es da nicht näher, den illegalen Waffenbesitz zu bekämpfen, als die Wohnviertel aufzurüsten? "Der wird aber nicht bekämpft", widerspricht Sportschütze Sousek. "Da stehen Konzerne und große monetäre Interessen dahinter." Vielmehr träumen die Männer von der IWÖ von einer bewaffneten, verantwortungsvollen Gesellschaft. Deshalb organisieren sie Seminare, um ihre Mitglieder im Waffenrecht zu schulen, verbarrikadieren sich zu einem Workshop namens "Defense Week" oder laden zu Schießkursen speziell für Frauen. "Verteidigungsschießkurse", betont Zakrajsek.

Amoklauf an Schießstand "undenkbar"

Es gebe nämlich keine bösen Waffen, nur böse Menschen. "In Österreich wird halt bei der Beziehungstat das Küchenmesser oder die Strumpfhose verwendet." Und auch der Hinweis auf die Schulmassaker beeindruckt die Waffenfreunde nicht. Klar, da sei ja auch keiner ausgerüstet, um einen Amokläufer zu stoppen. "Ich habe noch nie von einem Amokläufer an einem Schießstand oder in einer Kaserne gehört", sagt Sportsmann Sousek triumphierend. "Undenkbar", stimmt Zakrajsek überein, "weil der in einer Minute tot wäre." (Lukas Kapeller, derStandard.at, 19.3.2009)