Paris - Makam Traore zählt fußballtechnisch gesehen nicht zu den herausragenden Kickergestalten, er spielt in der französischen Provinz vor bestenfalls 80 bis 100 Zuschauern, er wird voraussichtlich nie in der Nationalmannschaft spielen und dennoch interessiert sein Fall das ganze Land. Denn der Mann aus dem Senegal hat eine Premiere geschafft: Erstmals wird sich in Frankreich ein Fußballspieler wegen rassistischer Beleidigungen vor Gericht verantworten müssen.

Der Anzeige Traores gegen einen Spieler schloss sich inzwischen die "Internationale Liga gegen Rassismus und Antisemitismus" (Licra) an. Rassismus treibt im französischen Profi-Fußball, aber auch und vor allem fern von Kameras und Schlagzeilen sein Unwesen. "Man muss sich vor allem um die weniger bekannten Spieler Sorgen machen." Eines Tages werde "einer von ihnen irgendwo ermordet werden", warnt der dunkelhäutige Präsident von Olympique Marseille, Pape Diouf.

Alltag

Nach Angaben der Licra gehören rassistische Vorfälle zum Alltag des unterklassigen Fußballs in Frankreich. Traore erlebte seine persönliche Odyssee an einem kalten Winter-Sonntag. Mit seinem Team aus Rossillon trat der 32-Jährige am 25. Januar zu einem Auswärtsspiel vor 30 Zuschauern in Lagnieu in der Region Rhone-Alpes an. Nach 85 Minuten war das Spiel beim Stand von 5:0 für die Gastgeber gelaufen.

Als Traore wegen eines Fouls beim Schiedsrichter protestierte, nahm alles seinen Lauf: "Schmutziger Neger", hallte es plötzlich vom Spielfeldrand. Und die gegnerische Nummer 13 rief ihm zu: "Wir haben euch fünf in den Hintern gesteckt, schmutziger Affe." Der Schiedsrichter hörte die Beleidigungen und unterbrach das Spiel. Traore brach sofort in Tränen aus. "Ich bin verrückt geworden", räumt er ein.

Wegen rassistischer Beleidigungen vor Gericht

Und Club-Präsidentin Myriam Maraud ergänzt im Gespräch mit der Zeitung "Le Monde": "Er hat geheult, sich an einem Gitterzaun festgeklammert." Wenige Stunden nach dem Zwischenfall erstattete das Beleidigungsopfer Anzeige gegen den Spieler der anderen Mannschaft. Maxence Cavalcante, von Beruf Fahrer eines Lieferwagens, gestand im Polizeiverhör zunächst alles, und am 5. Mai muss er sich vor Gericht in Belley wegen rassistischer Beleidigungen verantworten.

Licra will die Zivilcourage von Traore ausnutzen, um dem Rassismus im Amateur-Fußball ein Ende zu bereiten. Für Traore kommt das vielleicht zu spät. Er wurde wegen Depressionen krankgeschrieben und erwägt nun sogar, nach Senegal zurückzukehren. "Ich müsste mich dort von Steinen ernähren, wäre aber ruhiger."

Immer mehr rassistische Zwischenfälle

Führende Sportfunktionäre, unter ihnen Ex-Profi und UEFA-Präsident Michel Platini, fordern ein härteres Vorgehen gegen Rassismus in den Fußballstadien. Denn in den vergangenen Jahren hat es immer mehr rassistische Zwischenfälle gegeben. Allein in der vergangenen Saison zählte die Polizei in den oberen Ligen 14 solcher Vorfälle. Zwei Fans des FC Metz wurden zu jeweils sechs und drei Monaten Haft auf Bewährung verurteilt.

"Auf den Fußballfeldern vergeht kein Sonntag, an dem wir nicht rassistische Beschimpfungen hören", sagt Traores Clubchefin Maraud, in deren Elf sieben Afrikaner spielen. "Und wenn ich Kalender mit Fotos meiner Spieler verkaufe, sagen manche: 'Das ist ja schlimmer als in der Nationalelf'". (APA/dpa/red)