Tel Aviv - Ein Zeitungsbericht, wonach Soldaten im letzten Gaza-krieg leichtfertig Zivilisten getötet und vorsätzlich Eigentum zerstört hätten, hat in Israel eine Debatte und Ermittlungen ausgelöst. Die Tageszeitung Ha'aretz brachte die neuesten Anschuldigungen hervor.

Die Zeitung beruft sich dabei auf Aussagen, die Soldaten vor einem Monat bei einer öffentlichen Diskussion in einem College gemacht haben sollen. Eine Niederschrift der Diskussion sei diese Woche in einer College-Broschüre veröffentlicht worden. Die Wortmeldungen seien unter anderen von Kampfpiloten und Infanteriesoldaten gekommen.

Ein Infanteriekorporal habe etwa beschrieben, wie ein auf einem Dach postierter Scharfschütze nicht darüber informiert worden sei, dass eine zunächst in einem Haus festgehaltene Familie freigelassen worden wäre. Der Scharfschütze habe deshalb "entsprechend den erhaltenen Befehlen" das Feuer eröffnet und eine Frau und zwei Kinder erschossen. In einem anderen Fall sei eine ältere Frau aus 100 Metern Entfernung erschossen worden.

Es habe lockere Regeln gegeben, die es erlaubt hätten, Häuser unter Einsatz von Feuer zu räumen, ohne zuvor die Bewohner zu warnen. Bei der Truppe sei das Gefühl entstanden, dass "das Leben von Palästinensern um sehr, sehr viel weniger wichtig sei als das Leben von unseren Soldaten".

Barak: "Moralischste Armee"

Vonseiten der Armee hieß es, hier seien Angaben von namentlich nicht genannten Soldaten wiedergegeben worden, und man habe von den spezifischen Fällen noch nie gehört. Der General-Anwalt der Armee habe jetzt aufgrund der Diskussionsabschrift aber eine strafrechtliche Untersuchung durch die Militärpolizei angeordnet.

"Ich bin sicher, dass die Armee das ernsthaft prüfen wird", sagte Verteidigungsminister Ehud Barak im israelischen Radio, es könne "Ausnahmen" geben, aber Israel habe "die moralischste Armee der Welt". (seg/DER STANDARD, Printausgabe, 20.3.2009)