Bild nicht mehr verfügbar.

In der Regel ist eine bakterielle Vaginose an sich nicht gefährlich, ihre Folgen können jedoch schwerwiegende Auswirkungen haben

Foto: APA/dpa/Karl-Josef Hildenbrand dpa

Tabuthema und Volkskrankheit zugleich: die bakterielle Vaginose. Sie ist einer der häufigsten Konsultationsgründe für den Besuch in der Gynäkologischen Praxis, im gebärfähigen Alter ist sie die häufigste vaginale Beschwerde überhaupt. "Die Infektion tritt öfter auf als Pilzinfektionen", sagt Michael Elnekheli, Vorsitzender des Berufsverbands Österreichischer Gynäkologen bei einer Pressekonferenz in Wien.

Unter bakterieller Vaginose versteht man eine mikrobiologische Störung der Vaginalflora. Aufgrund einer Überwucherung mit Gardnerella-Bakterien bei gleichzeitigem Laktobazillen-Mangel entsteht eine vaginale pH-Verschiebung vom sauren in den basischen Bereich, das vaginale Ökosystem "kippt".

Ursachen einer bakteriellen Vaginose

Was genau die Auslöser einer bakteriellen Vaginose sind, ist immer noch unklar. Grundsätzlich können alle Faktoren, die zu einer pH-Verschiebung in der Scheide führen, eine Erkrankung verursachen. Dazu gehören Stress, häufiger Geschlechtsverkehr, längere Monatsblutung, hormonelle Schwankungen, Abwehrschwäche oder die Behandlung mit einem Breitbandantibiotikum. Falsche oder übertriebene Hygiene erhöht das Risiko einer Erkrankung ebenfalls. Auch wenn Produkte der Kosmetikindustrie als "Intimhygiene-Produkte" betitelt sind können sie das vaginale Ökogleichgewichts stören. Weiters werden Alkohol und Nikotin als Risikofaktoren diskutiert.

Häufigkeit und Symptome

Studienergebnisse zur Häufigkeit von bakterieller Vaginose weichen stark voneinander ab. Laut Elnekheli erleben rund 20 bis 50 Prozent der Frauen im gebärfähigen Alter, das sind 400.000 bis eine Million Österreicherinnen, ein- oder mehrmals im Leben eine bakterielle Vaginose. Allerdings kommt es nur bei der Hälfte der Betroffenen zu klinischen Symptomen wie weißlichem Ausfluss, fischartigem Geruch, Jucken, Brennen oder schmerzhaftem Geschlechtsverkehr. Die Diagnostik stützt sich auf den Nachweis der pH-Verschiebung, den charakteristischen Ausfluss, den Amin-Test (Whiff-Test) sowie den mikroskopischen Nachweis von Schlüsselzellen (Clue-cells).

Bakterielle Vaginose und Schwangerschaft

Im Zusammenhang mit der bakteriellen Vaginose ist das Thema Schwangerschaft von Bedeutung, da diese unter anderem ein Grund für den unerfüllten Kinderwunsch sowie einer Frühgeburt sein kann. In der Regel ist eine bakterielle Vaginose an sich nicht gefährlich, ihre Folgen können jedoch schwerwiegende Auswirkungen haben. Behandelt wird derzeit, sobald Symptome auftreten, da die Infektion über die Eileiter auch in die Eierstöcke aufsteigen könnte. Dann spricht man von einer Adnexitis: Falsch oder unbehandelt kann diese zu Verklebungen der Eileiter und damit zu ungewollter Kinderlosigkeit führen, warnt Heinz Strohmer vom Kinderwunschzentrum Goldenes Kreuz in Wien.

Zahlreiche Studien beweisen außerdem, dass die bakterielle Vaginose für einen erheblichen Teil der Frühgeburten (rund 70 Prozent) verantwortlich ist, da jede Störung des vaginalen Ökosystems zu einer Frühgeburt führen kann. Experten verlangen aus diesem Grund die laufende Kontrolle des Scheiden-pH-Wertes während der Schwangerschaft um gegebenenfalls sofort eingreifen zu können. Ein Screening ist derzeit im Mutter-Kind-Pass nicht vorgesehen, wäre jedoch aus Sicht vieler Experten wünschenswert. Denn tritt eine bakterielle Vaginose während der Schwangerschaft auf, verdoppelt sich das Risiko einer Frühgeburt. Ein spezieller Handschuh, der in der Apotheke erhältlich ist, kann der Scheiden-pH-Wert messen und ermöglich so die Selbstkontrolle.

Therapie: Wiederherstellung des Ökosystems

Das Grundproblem der bakteriellen Vaginose: Ursache wie Auslöser sind weitgehend unbekannt. Behandelt werden nur die Symptome, mit dem Ziel das vaginale Ökosystem wieder ins Lot zu bringen.

Bei leichteren Formen kommen milieustabilisierende Präparate zur Anwendung, in späteren Stadien wird mit Antibiotika behandelt. Unproblematisch ist eine Antibiotikatherapie jedoch nicht, da ein hohes Rezidiv-Risiko besteht und es zu einer Pilzinfektion kommen kann. Wissenschaftlich nachgewiesene Maßnahmen zur Vorbeugung einer bakteriellen Vaginose gebe es laut Ioannis Mylonas von der 1. Frauenklinik der Ludwig-Maximilians-Universität München nicht. (urs, derStandard.at, 19.03.2009)