Der Zufall will es, dass zwei aufsehenerregende niederösterreichische Mordfälle am selben Tag juristisch beendet worden sind. Gemein ist den Verfahren, dass sich interessante Fragen aus ihnen ableiten lassen.

Während im Fall F. die Themen "Ausschluss der Öffentlichkeit" und "Was dürfen Journalisten?" waren, kann man nach dem Urteil im Mon-Chéri-Attentat durchaus wieder über die Geschworenengerichtsbarkeit diskutieren. Beziehungsweise darüber, was passiert, wenn die Berufsrichter mit den Entscheidungen der Laienrichter unzufrieden sind.

Wird ein Angeklagter freigesprochen oder nur wegen minder schwerer Delikte verurteilt, sind die Profis schnell mit der "Aussetzung" bei der Hand, was bedeutet, dass der Oberste Gerichtshof entscheiden muss, ob neu verhandelt wird - was er meistens tut. Bei einer Verurteilung im Sinne der Staatsanwaltschaft sieht man dazu keine Veranlassung. Wird berufen, egal von welcher Seite, kommt es, wie im aktuellen Fall, auch durchaus häufig vor, dass die vom Erstgericht verhängte Strafe nach oben schnellt.

Die Optik ist, wenn schon nicht schief, zumindest deutlich geneigt. In Wahrheit ist die Sache wieder eine "österreichische Lösung". Bei der kommenden Reform der Hauptverhandlung sollte sich der Gesetzgeber dringend überlegen, ob er sich nicht doch entscheiden will. Entweder für das US-System, wo ein Geschworenenspruch endgültig und der Richter nur Verhandlungsführer ist. Oder dafür, gleich gar keinen Wert auf die Urteilshoheit der Laienrichter zu legen. (Michael Möseneder, DER STANDARD - Printausgabe, 20. März 2009)