Johann Gudenus: "Viele wählen uns auch wegen unseres Obmanns, der jugendlich ist und sagt, was Sache ist."

Foto: Maria Kapeller

"Wir verhetzen überhaupt niemanden". 

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"Es fühlen sich auch SPÖ und Grüne nicht mitschuldig, wenn der linke Mob demonstrieren geht."

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Gudenus: "Hier sind vor allem am Abend junge Menschen, die gerne ein Gläschen trinken."

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"Bürgermeister Häupl und seine Genossen sind schwer nervös", glaubt Johann Gudenus in Hinblick auf die kommende Wien-Wahl. Mit welchen Themen die FPÖ in den Wahlkampf ziehen will und über die jungen Leute "die uns auch ohne Discobesuche" wählen, sprach er im derStandard.at-Interview. Für rechtsextremistisch motivierte Taten sieht er die FPÖ nicht mitverantwortlich, denn: "Rechts hat mit rechtschaffen zu tun und links ist das Gegenteil. Jemand der rumpöbelt und Leute verletzt, kann für mich kein Rechter sein." Die Fragen stellte Katrin Burgstaller.

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derStandard.at: Wir haben alle unsere Interviewpartner gebeten, sich für das Gespräch einen Ort auszusuchen, der für sie "Jugend in Wien" bedeutet. Warum haben Sie das Shultz ausgewählt?

Gudenus: Hier sind vor allem am Abend junge Menschen, die gerne ein Gläschen trinken.
Das ist ein sehr gemütliches und trendiges Lokal, in dem sich unterschiedliche Jugendszenen treffen.

derStandard.at: Viele Jugendliche in Österreich können es sich nicht leisten, in solche Lokale zu gehen. Wissen Sie, wie viele Jugendliche derzeit arbeitslos sind?

Gudenus: In Wien ist die Jugendarbeitslosigkeit mit acht bis zehn Prozent am höchsten. Bis Ende des Jahres werden in ganz Österreich 500.000 bis 600.000 Menschen arbeitslos sein. Davon wird die Jugend leider am stärksten betroffen sein. Wir dürfen die Jugend nicht im Regen stehen lassen. Es ist eine gemeinsame Kraftanstrengung notwendig, ich vermisse jedoch zielführende Maßnahmen.

derStandard.at: Was soll man gegen die hohe Jugendarbeitslosigkeit tun?

Gudenus: Zuerst: Bildung und Ausbildung müssen stimmen. Das Bildungssystem ist vor allem hier im roten Wien gescheitert, das zeigen Bildungsstudien wie PIRLS und PISA. Leute werden nur einen guten Arbeitsplatz bekommen, wenn sie eine gute Ausbildung haben.

derStandard.at: Vor allem unter den 20- bis 24-Jährigen sind viele arbeitslos, darunter viele Leiharbeiter. Was soll man speziell für sie tun?

Gudenus: Man muss schauen, dass die Wirtschaft in Gang bleibt. Es müssen Betriebe dazu angehalten werden, dass sie junge Menschen aufnehmen und verstärkt auch Lehrlinge ausbilden.

derStandard.at: Sie sind ja immer dafür eingetreten, dass die Lehrlingsrechte gelockert werden, zum Beispiel sind Lehrlinge jetzt leichter kündbar. Viele Ihrer Forderungen wurden umgesetzt, es gibt aber trotzdem nicht mehr Lehrstellen. Waren Sie auf einem Irrweg?

Gudenus: Wir sind vor allem dafür, dass das Image der Lehrlinge aufgewertet wird. Zurzeit sind Lehrlinge Berufstätige zweiter Klasse. Das darf aber nicht so sein. Denn in Österreich fehlen viele Facharbeiter, die wir sonst aus dem Ausland holen müssen.

derStandard.at: In der Wirtschaftskrise haben viele Leute Angst. Ein idealer Nährboden für die FPÖ, um Ängste zu schüren - etwa nach dem Motto, die Ausländer sind schuld, dass es so wenig Jobs gibt. Werden Sie das so ausspielen?

Gudenus: Wir haben nie gesagt, dass die Ausländer Schuld sind, Schuld sind die Politiker, die das zugelassen haben. In Österreich, so lauten auch Expertenmeinungen, bringen nur fünf bis zehn Prozent der Zuwanderer einen volkswirtschaftlichen Nutzen. Echte Einwanderungsländer nehmen sich vor allem die Leute, die sich wirklich brauchen. Wir lügen uns nur selbst an. Wir sind kein echtes Einwanderungsland sondern importieren uns nur die Probleme.

derStandard.at: Aber nehmen diese Menschen, die, so wie sagen "keinen volkswirtschaftlichen Nutzen" haben, den Österreichern die Arbeit weg?

Gudenus: Teils, teils. Das kann man nicht über einen Kamm scheren. Natürlich kann es in manchen Bereichen Zuwanderung geben. Aber man muss schauen, dass man das Maß so gering wie möglich hält. Wir sollten zuerst aus unseren eigenen Ressourcen schöpfen. Und man muss anfangen, endlich langfristig zu denken.

derStandard.at: Wann wird in Wien gewählt?

Gudenus: Es gibt viele Gerüchte. Regulär natürlich im Herbst 2010. Es könnte heuer schon gewählt werden oder im Frühjahr nächsten Jahres. Ich merke nur eines: Bürgermeister Häupl und seine Genossen sind schwer nervös. Spätestens bei den Wahlen in Salzburg und Kärnten hat die SPÖ gemerkt: Ihnen laufen die Arbeiter und die Jugend davon.

derStandard.at: Welcher Wahltermin wäre Ihnen am liebsten?

Gudenus: Wir sind dafür, dass Wahlperioden eingehalten werden. Wenn sich aber der Bürgermeister aus Gründen des Unbehangens denkt, er will früher wählen, so sind wir allzeit bereit. Wir sind vorbereitet.

derStandard.at: Mit welchen Themen werden Sie den Wahlkampf ziehen?

Gudenus: Die Forderung nach dem kostenlosen Kindergarten war schon vor der Jahrhundertwende unsere Forderung. Wir fordern, dass Häupl diesen dann auch umsetzt. Im Sicherheitsbereich haben wir viele Ansagen. Wir fordern einen städtischen Ordnungsdienst und eine Aufstockung der Polizei. Durch ihre Präsenz sollen sie präventiv wirken. Wir wollen keinen Polizeistaat, die städtische Ordnung muss aber überwacht werden. Auch damit sich die Bevölkerung wieder sicherer fühlt.

derStandard.at: Laut mehrerer Studien haben die Menschen in Wien ein relativ gutes Sicherheitsgefühl.

Gudenus:  Ich kenne eine andere Studie von OGM. Im Jahr 2002 haben sich noch rund 80 Prozent in Wien sicher gefühlt, jetzt sind es nur mehr rund 60 Prozent. Und immer mehr Menschen sind von Kriminalität betroffen. Im internationalen Bereich steht Wien zwar noch gut da. Ich bin auch stolz, ein Wiener zu sein. Aber Wien verliert in vielen Bereichen zusehends.

derStandard.at: Sie haben bei der letzten Nationalratswahl sehr stark bei den jungen WählerInnen zugelegt. Warum sind Sie gewählt worden? Die SPÖ sagt, die Mehrheit der Jugend hätte aus Protest die FPÖ gewählt.

Gudenus:  Das sind immer die Ausreden der Roten. Uns wählen die Leute aus verschiedenen Motivationen. Der Großteil wählt uns, weil wir ein völlig neues Angebot sind und haben. Viele wählen uns auch wegen unseres Obmanns, der jugendlich ist und sagt, was Sache ist. Wie man an Salzburg sieht: Die Jugendlichen wählen uns weiterhin. Die Jugendlichen erleben die Probleme am eigenen Leib, etwa am Arbeitsmarkt und im Bildungsbereich. Die Jungen wählen uns, aber nicht deshalb, weil wir vor den Wahlen in die eine oder andere Discothek schauen. So viele Discotheken können wir gar nicht besuchen. Übrigens: Dass sich Häupl, Faymann und Pröll in solche Lokale nicht trauen, ist auch klar. Die würden dort ja wie Außerirdische betrachtet werden.

derStandard.at: Politiker sollten auch eine Vorbildwirkung - gerade für die Jugend - haben. Finden Sie das gut, wenn Heinz-Christian Strache bei seiner Wahlkampftour Alkohol trinkt oder einmal einen ausgibt?

Gudenus: Das machen die anderen Parteien viel mehr als wir, nur wir machen es erfolgreich. Es ist eine Sympathiebekundung, dass wir mit Heinz-Christian Strache in die Diskos gehen. Er hört als einziger Politiker den jungen Menschen auch zu. Wenn dann das eine oder andere Bier legaler Weise getrunken wird, dann ist das kein Problem. Die jungen Leute würden uns aber auch ohne Diskobesuch wählen.

derStandard.at: Laura Rudas hat einmal gesagt, die FPÖ bietet keine Lösungen für Probleme an und Strache sei ein Maulheld.

Gudenus: Ganz im Gegenteil. Wir haben seit Jahren gesagt, dass die Zuwandererkinder Deutsch lernen müssen, bevor sie in den Regelunterricht kommen. Wir wurden immer ins Rechte Eck gestellt. Vor einem Jahr hat die SPÖ dann unsere Forderung umgesetzt, wenn auch fehlerhaft. Da und an vielen anderen Beispielen sieht man schon, dass wir Lösungen anbieten.

derStandard.at: Die FPÖ ist ja jetzt nicht mehr offiziell gegen alle Ausländer. Gegen europäische Zuwanderer haben Sie prinzipiell nichts, nur die Moslems wollen Sie nicht? Oder wie lautet Ihre aktuelle Position?

Gudenus: Gegen Zuwanderung aus Europa haben wir eigentlich nichts, weil das Leute sind, die uns kulturell sehr nahe stehen und deshalb die Integration leichter fällt. Auch an den EU-Grundfreiheiten, etwa der Arbeitnehmerfreizügigkeit gibt es jetzt einmal nichts zu rütteln. Das Problem ist für uns die Massenzuwanderung vor allem aus der Türkei und der türkische Islamismus.

derStandard.at: Dass Sie gegen den Islam mobil machen, bringt Ihnen auch einige Zuwanderer-Stimmen?

Gudenus: Ja, denn vor allem Menschen aus Südosteuropa haben mit der Islamisierung nicht die besten Erfahrungen. Aber auch manche Leute, die islamisch sind, wählen uns, weil wir dagegen auftreten, dass die Frau im Islam unterdrückt wird. Das ist ja der Widerspruch, den wir immer wieder bei den Roten und Grünen aufdecken: Einerseits für eine ungezügelte Einwanderung islamischer Völker eintreten, bei denen die Frau eine untergeordnete Rolle spielt, aber andererseits für die Aufwertung der Frau in der Gesellschaft einzutreten. Das ist doch paradox.

derStandard.at: Vom letzten Wiener Wahlkampf sind Sprüche wie "Daham statt Islam" in Erinnerung.
Was sagen Sie, wenn man die FPÖ als Volksverhetzter bezeichnet?

Gudenus: Das ist die Keule, die gegen uns immer wieder ausgepackt wird. Wir verhetzen überhaupt niemanden. Die wahren Menschenhetzer sind diejenigen, die Zustände zugelassen haben. Die haben den Ausländern vorgegaukelt, dass hier Milch und Honig fließen. Aber die Realität schaut oft anders aus. Das ganze System ist nicht mehr finanzierbar und warum sollten wir es auch finanzieren? Wir erleben immer mehr eine Gegengesellschaft und daher ist es für die Zuwanderer offensichtlich auch nicht so schön, hier zu sein.

derStandard.at: Wenn in Österreich rechtsextremistisch motivierte Taten begangen werden, sehen Sie sich als FPÖ dann mitschuldig?

Gudenus: Nein, es fühlen sich auch SPÖ und Grüne nicht mitschuldig, wenn der linke Mob demonstrieren geht und Polizisten und andere verletzt. Außerdem sind rechtsextreme Skinheads in meinen Augen asoziale Anarchos, die in Wirklichkeit Linke sind. Rechts hat mit rechtschaffen zu tun und links ist das Gegenteil. Jemand der rumpöbelt und Leute verletzt, kann für mich kein Rechter sein.
(Katrin Burgstaller/derStandard.at, 23. März 2009)