St. Pölten/Wien - Josef F., der vom Landesgericht St. Pölten als zurechnungsfähig, infolge seiner Persönlichkeitsstörung aber als geistig abnormer Rechtsbrecher eingestuft und rechtskräftig in dem Maßnahmenvollzug gemäß § 21 Absatz 2 Strafgesetzbuch (StGB) eingewiesen wurde, wird in einigen Wochen die Justizanstalt St. Pölten verlassen müssen, in der er seit Ende April 2008 als U-Häftling untergebracht ist. Grundsätzlich sollte der bald 74-Jährige in die Sonderanstalt Wien-Mittersteig kommen - diese ist allerdings überbelegt, so dass Josef F. in einem herkömmlichen Gefängnis landen könnte.

Zum Stichtag 1. Februar 2009 befinden sich in Österreich 406 Personen, die zwar zurechnungsfähig, aber geistig abnorm sind, im sogenannten Maßnahmenvollzug. Speziell der Unterbringung solcher Straftäter dient die Sonderanstalt Wien-Mittersteig. "Aufgrund des dortigen Platzmangels müssen wir aber abnorme, zurechnungsfähige Rechtsbrecher auch in den großen Justizanstalten unterbringen, wo es Sonderabteilungen für solche Fälle gibt", so Peter Prechtl von der Vollzugsdirektion am Freitag.

So finden sich derzeit 101 derartige Straftäter in der Justizanstalt Stein, 76 in Graz-Karlau und 60 in Garsten. Elf Insassen sind in der auf Jugendliche ausgerichteten Anstalt Gerasdorf, elf Frauen in der auf weibliche Häftlinge beschränkten Anstalt Schwarzau untergebracht. Noch einmal 17 Personen befinden sich in der Anstalt Göllersdorf und diversen gerichtlichen Gefangenenhäusern. Josef F. könnte also in Stein, Garsten oder in der Karlau landen.

Anzahl der Häftlinge erhöht

In den vergangenen Jahren hat sich die Anzahl der Häftlinge nach § 21 Absatz StGB kontinuierlich erhöht. Anfang 2006 gab es österreichweit 333 Fälle, 2007 waren es 354, 2008 bereits 392.

Der zu lebenslanger Haft verurteilte Josef F. könnte theoretisch frühestens mit 89 auf freien Fuß kommen. "Lebenslange" haben frühestens nach Verbüßung von 15 Jahren die Möglichkeit, ihre bedingte Entlassung zu beantragen. Im Fall von Josef F. müsste allerdings vorher noch ein Psychiater bescheinigen, dass der Mann, von dem laut aktuellem psychiatrischem Gutachten noch immer eine aus seiner Persönlichkeitsstörung resultierende Gefährlichkeit ausgeht, "geheilt" ist. Justizexperten halten die Möglichkeit, dass Josef F. je wieder in Freiheit kommt, für ausgeschlossen.

Die Überwachung des Häftlings Josef F. ist indes nach seinem Schuldspruch im Inzest-Prozess "engmaschiger gezogen" worden, sagte der stellvertretende Leiter der Justizanstalt St. Pölten, Erich Huber-Günsthofer. F. habe die erste Nacht nach dem Urteil - lebenslange Haft, dazu wurde die Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher - "gut überstanden". Dem knapp 74-Jährigen sei ein Psychiater beigestellt worden.

Der Psychiater, ein Spezialist aus dem Maßnahmenvollzug, habe auch die Urteilsverkündung verfolgt und unmittelbar danach ein Gespräch mit Josef F. geführt, so Huber-Günsthofer. Er selbst habe ebenfalls mit dem Verurteilten gesprochen. Bei Josef F. sei eine "gewisse Erleichterung erkennbar" gewesen, obwohl eine derartige Strafe "natürlich eine Belastung" sei. Selbstverständlich gebe es seitens der Justizanstalt eine Suizidprävention.

Es sind letztlich 238 Medien gewesen, die den viertägigen Prozess gegen Josef F. am Landesgericht St. Pölten verfolgt haben. Das geht aus einer aktualisierten Aufstellung des Rathauses der NÖ Landeshauptstadt vom Freitag hervor. Die Berichterstatter kamen demnach aus fast 30 Nationen. Die Polizeidirektion St. Pölten hat am Freitag die Gesamtkosten des Einsatzes der Exekutive rund um den Prozess gegen Josef F. mit 36.000 Euro beziffert.

Alter als Problem

Das Alter des zu lebenslanger Haft verurteilten Josef F. - er wird am 9. April 74 - "wird sicher ein Problem". Das sagte Peter Prechtl, der stellvertretende Leiter der Justizvollzugsdirektion, am Freitag. Es werde schwer fallen, den Amstettener "in den Vollzug einzuordnen" und diesem eine Perspektive zu geben. Auch mit gesundheitlichen Problemen sei zu rechnen, meinte Prechtl: "Josef F. wird früher oder später ein geriatrischer Fall."

In den österreichischen Gefängnissen sitzen 142 Häftlinge, die das 65. Lebensjahr bereits überschritten haben (Stichtag: 1. Februar 2009). Zehn von ihnen sind Frauen. 35 dieser Insassen gelten als geistig abnorme Rechtsbrecher, zwölf von ihnen sind allerdings zurechnungsfähig. In diese Kategorie wird auch Josef F. fallen.

Agilität lässt nach

"Man muss damit rechnen, dass sich im Haftalltag seine Agilität herabsetzen wird", hieß es aus der Vollzugsdirektion. Insassen im fortgerückten Lebensalter wären "sehr oft Dauerpatienten in Krankenabteilungen. Da geht es ruhiger zu, ärztliche Betreuung ist ständig verfügbar", berichtete der stellvertretende Vollzugsdirektor.

Wird ein Häftling zum Pflegefall, wird er in der Regel in die Anstalt Wilhelmshöhe verlegt, eine Außenstelle der Justizanstalt Wien-Josefstadt mit 67 Haftplätzen. Ist dort kein Platz, kommt allenfalls ein Gefängnis infrage, das über eine eigene Krankenabteilung mit einem freien Zimmer verfügt.

(APA)