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Bei den Pressekonferenzen im Medienzelt neben dem St. Pöltner Gericht hieß es oft aus Opferschutzgründen: "Kein Kommentar."

Foto: Reuters

St. Pölten / Wien - 238 Medien hatten den Prozess gegen Josef F. verfolgt, Berichterstatter aus 30 Nationen - unter ihnen auch die gefürchteten Vertreter des britischen Boulevards. Doch St. Pöltens Polizeichef Johann Schadwasser konnte nicht umhin, im Nachhinein die "hohe Disziplin der Journalisten" zu loben.

Was aber nicht unbedingt für die Berichterstattung selbst gelten kann. In österreichischen Medien versuchte allen "voran" der Kurier, möglichst viele Details zum Prozess zu veröffentlichen. So wurden etwa Aussagen aus Protokollen der Vorerhebung derart zusammengestellt, dass der Eindruck entstand, es werde über das berichtet, was unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt wird.

Die Kronen Zeitung schrieb ab Ende Februar plötzlich Josef F.s Namen nicht mehr aus und verpixelte auf Fotos sein Gesicht - mit der Erklärung, dass der Opferschutz gewahrt werden müsse. Wenn man sich daran nicht halte, koste das nämlich "viel Geld". Nachrichtenmagazine wurden im Februar - nicht rechtskräftig - zu Entschädigungszahlungen über jeweils mehrere tausend Euro an F.s Frau verurteilt. Unter Konkurrenten munkelte man, hinter der Krone-Linie stecke das Ziel, etwaige Interviews mit F.s Angehörigen zu bekommen.

Ein Umschwenken gab es auch im Internet: Jene Wikipedia-Seite, die F. unter Nennung des vollständigen Namens gewidmet war, wurde inzwischen gelöscht. Alter Inhalt: '{{Löschen| ''Persönlichkeitsschutz'', kann man auf der entsprechenden Website nachlesen.

Für die Berichterstattung im Standard waren in erster Linie zwei Themen bestimmend: der umfassende Opferschutz und der journalistische Umgang mit dem Ausschluss der Öffentlichkeit. So bedeutet etwa das Verbot, Mitteilungen über den Teil des Prozesses von dem die Öffentlichkeit ausgeschlossen wurde, dass zwar darüber berichtet werden darf, welche Personen im Gerichtssaal anwesend sind. Also auch, dass die Tochter von Josef F. zweimal im Verhandlungssaal war. Ob und wie ihre Anwesenheit aber auf den Angeklagten wirkte, würde wiederum den Verlauf der Verhandlung dokumentieren - daher wird darüber im Standard nicht spekuliert.

Der Opferschutz betrifft wiederum auch die öffentlichen Teile der Verhandlung. Details, die in irgendeiner Form das Intimleben von Josef F.s Tochter oder deren Kinder betreffen würden, wurden daher auch dann nicht berichtet, wenn sie etwa seitens der Staatsanwaltschaft oder der Verteidigung öffentlich erörtert wurden.

Justizministerin Claudia Bandion-Ortner reagierte am Freitag auf die Tatsache, dass im Zuge der Prozessberichterstattung hauptsächlich ausländische Medien bis zum Schluss die Vornamen der Opfer nannten. Laut Ö1 peilt Bandion-Ortner daher eine EU-weite Regelung an: "Das wäre ein interessantes Thema für eines der nächsten europäischen Ministerratstreffen, inwieweit eine Harmonisierung des Medienrechts vorstellbar ist."

Und dann noch die Kritik am Verfahren selbst. In ausländischen Medien etwa stieß die Kürze des Verfahrens oft auf Unverständnis. Was verwundert - da die meisten Fakten unzweifelhaft auf dem Tisch lagen und es außer der Tochter und ihrem Bruder keine Zeugen gab, die aussagten. Oder die Kritik in heute, dass im "viertägigen Schnellverfahren ... nie mögliche Behördenfehler angesprochen" worden seien. Mögliche Fehler, die den Prozess gegen Josef F. allerdings in keiner Weise berühren - und wenn, dann in gesonderten Verfahren abgehandelt werden müssten. (Roman David-Freihsl/Gudrun Springer)