Bombay - Nach vielen Anlaufschwierigkeiten und mitten in der Wirtschaftskrise ist er nun da - der Tata Nano, das billigste Auto der Welt. Am Montag soll der wahre "Volkswagen" für die indische Mittelschicht feierlich vorgestellt werden. Mit viel Tamtam hatte Unternehmenschef Ratan Tata den Nano bereits vor mehr als einem Jahr angekündigt. Die schlichteste Version - kaum mehr als ein überdachter Motorroller - soll nur 100.000 Rupien kosten (rund 1.700 Euro), zumindest vorerst. Auch in Europa will Tata den Nano künftig verkaufen, wie der Firmenchef via "Bild"-Zeitung verkündete.

Nach Meinung von Analysten könnte der sparsam ausgestattete Viertürer, der Ähnlichkeiten mit dem Smart und dem Fiat 500 aufweist, wegen Produktionsproblemen, mangelnder Nachfrage und der globalen Krise aber Startschwierigkeiten bekommen. Weil die Produktionskapazitäten begrenzt sind, werden im ersten Jahr wahrscheinlich nur 30.000 bis 50.000 Autos hergestellt. "Die Verkäufe des Nanos sind von der Produktion, nicht von der Nachfrage abhängig", sagte der Analyst Mahantesh Sabarad aus Bombay (Mumbai).

Der Start des Autos sei "übereilt", die Hauptproduktionsstätte im westlichen Bundesstaat Gujarat sei noch nicht einmal fertig. Der Nano wird zunächst an zwei Standorten produziert, die Unternehmenschef Tata selbst als "notdürftig" bezeichnete.

Standortaufgabe nach Protesten

Vergangenen Oktober hatte das Unternehmen nach wochenlangen gewaltsamen Protesten einen Standort im Bundesstaat Westbengalen aufgeben müssen, nachdem die dortige Fabrik schon fast fertiggestellt war. Die neue Fabrik in Gujarat wird wahrscheinlich erst Ende des Jahres fertig. Nach Ansicht von Analysten könnte jedoch auch die Nachfrage ein Problem sein. "Die Löhne sind gesunken, und die Menschen haben Angst um ihre Jobs", sagt Mahantesh Sabarad.

Die Unternehmensgruppe war im vergangenen Jahr als indische Erfolgsgeschichte gefeiert worden, als Tata für 2,3 Milliarden US-Dollar (1,70 Mrd. Euro) die britischen Nobelmarken Jaguar und Land Rover kaufte. Mit der weltweiten Wirtschaftskrise wurde der Kauf jedoch zur Belastung, und Tata meldete seinen ersten Quartalsverlust in sieben Jahren. Der Start des Nanos sei für das Unternehmen dennoch ein "großer Tag", sagte Unternehmenssprecher Debashis Ray. Das Potenzial für den Nano ist groß: In Indien besitzen gerade mal sieben von 1.000 Einwohnern ein Auto - in Deutschland sind es 550.

Verkaufspreis in Europa rund 5.000 Euro

Der Nano soll nach Angaben des 71-jährigen Firmenpatriarchen auch in Europa verkauft werden. Der Verkaufspreis der europäischen Version könnte bei rund 5.000 Euro liegen, sagte er im Februar. Der Fünfsitzer mit dem sparsamen 33-PS-Motor, der wie beim VW-Käfer im Heck sitzt, soll alle europäischen Abgas- und Sicherheitsstandards erfüllen. Auf technische Extras wie Klimaanlage, elektrische Fensterheber oder Servolenkung müssen die Kunden zu diesem Preis allerdings verzichten. (APA/AFP)