Wien - Zu emotionalen und heftigen Diskussionen ist es am Sonntagabend in der ORF-TV-Sendung "Im Zentrum" zum Thema "War Zilk ein Spion?" gekommen. Helmut Zilk habe sich rund 60 Mal mit Agenten des Geheimdienstes der damals kommunistischen Tschechoslowakei (CSSR) getroffen, und es sei auch Geld geflossen, erklärte "profil"-Chefredakteur Herbert Lackner. "Ich kotze gleich", reagierte Dagmar Koller, die Witwe des im Vorjahr verstorbenen ehemaligen Bürgermeisters Zilk. Was hier gemacht werde, sei "schmutziger Journalismus", attackierte Koller den Journalisten.

Grund für die Diskussionsrunde war die am Montag erscheinende Ausgabe des Nachrichtenmagazins "profil", in welcher berichtet wird, dass von Zilk unterschriebene Quittungen vorlägen, die beweisen sollten, dass der damalige TV-Journalist zwischen Dezember 1965 und Juni 1968 gegen Bezahlung Spitzeldienste für den Geheimdienst der damaligen CSSR geleistet habe. In Summe habe Zilk umgerechnet rund 30.000 Euro erhalten; die erste Tranche habe damals 5.000 Schilling betragen.

Akten überprüft

Ein Experte und Professor an der Akademie der Wissenschaften in Tschechien habe die Akten überprüft und festgestellt, dass es sich hierbei nicht um eine Fälschung handle, konstatierte Lackner. Der größte Teil der Geldübergaben habe in Prag stattgefunden, und Zilk - damals Journalist - habe vom Geheimdienst konkrete Aufträge bezüglich Informationsbeschaffung bekommen, kommentierte Lackner die ihm vorliegenden Unterlagen.

Es ginge in erster Linie darum die Wahrheit zu erfahren, betonte der ehemalige ORF-Generalintendant und langjährige Freund Zilks, Gerhard Bacher. Nun sei die Staatsanwaltschaft am Zug und müsse die Vorwürfe prüfen. Sollten die Anschuldigungen gegen Zilk wirklich wahr sein, dann würde dies dessen politischen Ruf posthum vernichten, meinte Bacher weiter. Er selbst habe nie Unterlagen gesehen. Die Vorstellung, dass Helmut Zilk alle paar Wochen 5.000 Schilling von diesen "Banditen" bekommen habe, sei "unerträglich". Zilk habe das aus finanzieller Hinsicht gar nicht nötig gehabt. "5.000 Schilling, dafür beiße ich mir nicht einmal die Nägel ab", so Bacher.

Vorwürfe "grotesk und lächerlich"

Der ehemalige Wiener Stadtschulratspräsident Kurt Scholz bezeichnete die Vorwürfe gegen Zilk als "grotesk und lächerlich". Zudem bezweifle er den Wahrheitsgehalt der vorliegenden Akten. Wenn dies das Resümee eines politischen Lebens sei, dann frage er sich, wie tief das Niveau des Journalismus gesunken sei, kritisierte Scholz.

Laut dem ehemaligen tschechischen Botschafter in Österreich, Jiri Grusa, sind die Dokumente Originale und kein "Fake". Das was man allerdings als Spionage bezeichne, könne er nicht herauslesen und verglich die Interpretationen mit einer "James Bond-Geschichte".

Zilk sei durch seinen "Äußerungstrieb" unverhofft zum Handkuss des Spionage-Daseins gekommen, und die Tschechoslowaken hätten diesen falsch interpretiert, meinte Michael Frank von der Süddeutschen Zeitung.

Keine Ferndiagnose

Der Historiker Stefan Karner erinnerte daran, dass man sich die Zeit, in welcher sich alles abgespielt haben soll, in Erinnerung rufen müsse. Vieles sei damals einfach anders gewesen. Man könne außerdem keine Ferndiagnose stellen. Die Akten müssten nun einfach auf den Tisch, forderte Karner.

Bereits vor über zehn Jahren waren gegen den im Oktober 2008 verstorbenen Wiener Altbürgermeister Helmut Zilk Spionage-Vorwürfe erhoben worden. (APA)