Warschau - Nachdem US-Medien gemeldet haben, Washington unterstütze die Kandidatur des dänischen Premierministers Anders Fogh Rasmussen für den Posten des NATO-Generalsekretärs, werden auch in Polen die Chancen für Außenminister Radoslaw Sikorski als nur noch minimal eingeschätzt. Politiker aller Parteien halten allerdings schon die Diskussion über einen Generalsekretär aus Polen für einen Erfolg - und wollen noch nicht gänzlich aufgeben. "Das ist ein wichtiges Signal, aber ich erinnere daran, dass solche Entscheidungen in der NATO einstimmig getroffen werden", sagte etwa Regierungssprecher Pawel Gras.

"Zurzeit noch keine Einstimmigkeit"

"Ich bin davon überzeugt, dass es zurzeit noch keine Einstimmigkeit gibt, und das bedeutet, dass es noch keine Entscheidung gibt", meinte auch Polens Europa-Staatssekretär Mikolaj Dowgielewicz am Montag im Radiosender TOK FM. Seiner Meinung nach gibt es keinen Grund zur Eile bei dieser Personalentscheidung. Es wird zwar erwartet, dass der Name des neuen NATO-Chefs beim Gipfel Anfang April genannt wird, aber die Entscheidung "könne auch später fallen", so Dowgielewicz.

Auch der Sprecher des polnischen Außenministeriums, Piotr Paszkowski, betonte, dass Sikorski immer noch im Spiel ist. "Die Konsultationen zur Wahl des neuen NATO-Generalsekretärs werden fortgesetzt, und die Nachrichten über die Unterstützung der USA für die Kandidatur von Anders Fogh Rasmussen haben einen inoffiziellen und medialen Charakter", betonte Paszkowski gegenüber dem Fernsehsender TVN24.

Diplomatie

Laut der Tageszeitung "Dziennik" hat die polnische Diplomatie viel Unterstützung für die Kandidatur Sikorskis gesammelt. "Inoffiziell kann ich sagen, dass wir rund 20 Prozent der Stimmen haben", erklärte ein Mitarbeiter des Außenministeriums, der anonym bleiben wollte, gegenüber dem Blatt.

Auch die Opposition unterstützt Sikorski weiter. Ein Abgeordneter der rechtskonservativen Oppositionspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) sagte im Polnischen Rundfunk, dass Polen auf der Kandidatur des Außenministers beharren soll.

Geschmälert werden die Chancen Sikorskis für den NATO-Chefposten laut Medienberichten vor allem durch seine befürchtete Russland-Feindlichkeit. Polens Außenminister schlug zwar Ende Februar in einer Rede vor dem "Council on Foreign Relations" in Washington einen milderen Ton gegenüber Moskau an. Aber noch im Herbst hatte er eine militärische Antwort der NATO gefordert, sollte die Ukraine von Russland angegriffen werden. (APA)