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Gratis heißt nicht unbedingt gratis für alle.

Foto: APA/Schneider

Ab Herbst 2009 soll der Kindergarten für alle gratis sein, hat Bürgermeister Häupl Ende Februar verkündet, in breit angelegten Inseratkampagnen wurde versichert, "alle von 0 bis 6" könnten ihn beitragsfrei besuchen. Für wen das Angebot tatsächlich beitragsfrei wird, welche Ausnahmen es gibt und ob Unterschiede zwischen privaten und öffentlichen Kindergärten bestehen, hat derStandard.at hinterfragt.

Wann wird der Gratiskindergarten in Wien eingeführt?

Die Einführung ist für Herbst 2009 geplant.

Wird der Kindergarten in Wien wirklich für alle gratis sein?

Nach derzeitigem Stand werden alle städtischen Kindergärten beitragsfrei sein, bis auf den Essensbeitrag, der weiterhin gezahlt werden muss. In den Werbeeinschaltungen der Stadt Wien heißt es, dass "Eltern ab Herbst 226 Euro an Kindergartenbeitrag einsparen". So viel ist derzeit für einen Ganztagskindergartenplatz in Wien zu bezahlen. Der Kindergarten soll nur für jene gratis sein, die in Wien hauptgemeldet sind.

Welche Auflagen muss ich erfüllen, damit der Kindergarten tatsächlich ganztätig gratis ist?

Bei Kindern im Alter von 0 bis 3 Jahren ist bei Neueintritten die Berufstätigkeit beider Eltern bzw. der Alleinerzieherin oder des Alleinerziehers Voraussetzung. Nur dann wird der "Ganztags-Betreuungsbeitrag der Stadt Wien" geleistet. Was unter "Berufstätigkeit" zu verstehen ist, ob dafür etwa eine Vollbeschäftigung vorhanden sein muss, ist derzeit noch nicht bekannt. StudentInnen, TeilnehmerInnen von AMS-Kursen oder Personen, die in Ausbildung sind, sollen "ebenfalls berücksichtigt" werden.

Auch bei den Kindern im Alter von 3 bis 5 Jahren sollen Berufstätige bei der Vergabe von Kindergartenplätzen bevorzugt werden. Weiters heißt es in einem Schreiben der Stadt Wien, das an Kindergärten erging: "Bei Kindern von nicht berufstätigen Eltern, die bereits in Ganztagsbetreuung sind, wird hinterfragt, ob eine Reduzierung auf Teilzeit- oder Halbtagsbetreuung möglich ist."

Für Kinder von 5 bis 6 Jahren ist das Gratiskindergartenjahr für ganz Österreich geplant, dass Staatssekretärin Christine Marek momentan verhandelt. Daher "kann es noch zu Änderungen kommen", heißt es in einem Schreiben der Stadt Wien. "Gegenwärtig erhalten die 5- bis 6-Jährigen zumindest für 16 Stunden einen Kindergartenplatz. Hierfür die die Berufstätigkeit nicht vorausgesetzt", so der Text weiter.

Muss ich mein Kind aus der ganztätigen Betreuung nehmen, wenn ich arbeitslos werde?

Nein, denn: "Es soll auch kein Kind seinen Platz verlieren, wenn die Eltern arbeitslos werden", heißt es dazu seitens der Stadt Wien.

Ist das Essen zu bezahlen?

Ja. In den Kindergärten der Stadt Wien ist nach jetzigem Stand 57,41 Euro pro Monat als Essensbeitrag zu begleichen.

Werden auch die Privatkindergärten gratis sein?

Laut SPÖ Wien sollen die gemeinnützigen geförderten Privatkindergärten gratis sein. "Geförderte Privatkindergärten" sind jene, die schon jetzt Förderungen der Stadt Wien bekommen, so zum Beispiel Kinder in Wien, katholische Kindergärten oder jene der Kinderfreunde. Privatkindergärten in Wien werden zum überwiegenden Teil als Verein geführt und werden somit gefördert.

Vermutlich wird die Stadt Wien 226 Euro pro ganztätigem privaten Kindergartenplatz bereit stellen, dazu soll noch ein Grundbeitrag hinzukommen. Dieser Grundbeitrag richtet sich voraussichtlich nach dem Alter der Kinder und der Anzahl der betreuten Kinder. Private Betreiber befürchten, dass diese Förderung nicht ausreicht, um ihre Kindergartenplätze tatsächlich beitragsfrei anzubieten. Konkret heißt das, Eltern könnten für den Differenzbetrag, den ein privater Kindergarten mehr verlangt, zur Kasse gebeten werden.

"Zusätzliche Angebote", so heißt es in einem Schreiben der Stadt Wien, sollen von den Eltern ohnehin getrennt bezahlt werden.

Werden Privatkindergärten ungleich behandelt?

Der Dachverband der Privatkindergärten, der 70 kleinere Privateinrichtungen vertritt, kritisiert fehlende Transparenz bei den Fördergeldern, außerdem sei man bisher noch nicht zu Gesprächen eingeladen worden. Renate Gschlad, Vorständin des Dachverbandes, befürchtet, dass große parteinahe Kindergärten wie jene der Kinderfreunde (SPÖ) und Kinder in Wien (ÖVP) finanziell bevorzugt werden.

Wird auch die Unterbringung bei Tageseltern kostenlos sein?

Ja. Plätze bei Tagesmüttern und Tagesvätern werden ebenfalls mit 226 Euro gefördert. Dabei sind jedoch auch die oben genannten Kriterien betreffend Berufstätigkeit zu beachten.

Ist die Kontrolle der Berufstätigkeit nicht ein zusätzlicher bürokratischer Aufwand?

Ja. Auch für die KindergartenpädagogInnen wird sich der bürokratische Aufwand erhöhen. "Bei geförderten Plätzen besteht die Verpflichtung zum regelmäßigen Besuch seitens der Kinder und zur Dokumentation des Trägers, der tagesaktuell aufliegt". Wie genau diese Dokumentation verwaltet werden soll, ist noch unklar.

Ist mein Kind dann auch verpflichtet, das ganze Jahr über den Kindergarten zu besuchen?

Nein. "Aus pädagogischen Gründen benötigen auch Kinder Urlaub vom Kindergarten, es ist daher auch eien Urlaubsregelung vozusehen", schreibt die Stadt Wien. Ob der Kindergarten tatsächlich ganzjährig "beitragsfrei" sein wird, oder ob etwa Kinder "beurlaubt" werden, wie Kritiker befürchten, muss abgewartet werden. Seitens der Stadt Wien gibt es dazu keinen Kommentar.

Gibt es genug Kindergartenplätze und KindergartenpädagogInnen, wenn die Nachfrage steigt?

Die Stadt Wien sagt ja, KritikerInnen bezweifeln dies jedoch. (burg/derStandard.at, 25. März 2009)