Die Abkürzung Gulag steht im Russischen für Hauptverwaltung der Besserungsarbeitslager und ist gleichzeitig das Synonym für ein umfassendes Repressionssystem in der Sowjetunion, bestehend aus Zwangsarbeitslagern, Straflagern, Gefängnissen und Verbannungsorten.
Bereits unter Zaren gab es in Russland Straflager für politische Gefangene und Kriminelle. Nach der Revolution 1917 wurden unter Lenin sogenannte Internierungslager für Klassenfeinde, politische Feinde und Kriminelle eingerichtet. Unter Stalin wurde das System perfektioniert.
Die Gesamtzahl der Menschen, die in der Sowjetunion zwischen Ende der 1920er- und Mitte der 1950er-Jahre in Lagern oder Kolonien gefangen gehalten wurden, wird von der jüngeren Forschung mit 18 bis 20 Millionen angegeben. Die unmenschlichen Lebensbedingungen, Unterernährung, Folter und Kälte führten zum Tod vieler Hunderttausender Häftlinge. Am höchsten war die Sterblichkeit während der Kriegsjahre 1942/43, als durch extreme Verknappung der Versorgung und eine noch rücksichtslosere Ausbeutung der Häftlingsarbeiter jeweils fast ein Viertel aller Lagerinsassen starb.
Nobelpreisträger Alexander Solschenizyn hat das Lagerleben beispielhaft in seiner Novelle "Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitsch" (1962) beschrieben. Nach dem Erscheinen seines Monumentalwerks "Der Archipel Gulag" 1974 wurde Solschenizyn aus der Sowjetunion ausgewiesen. Er kehrte erst 1994 zurück und starb 2008 in Moskau. (tm/DER STANDARD, Printausgabe, 24.3.2009)