Montage: Beigelbeck

"Der ORF kann Ihre Gesundheit gefährden": Noch warnt der Gesundheitsminister ORF-Jobwerber nicht. Nach einer Studie über Arbeitsklima und -zufriedenheit unter Mitarbeitern müsste er das aber tun: 30 Prozent sehen sich am Rande des Burn-outs. Die vom Zentralbetriebsrat bei Meinungsforscher Ifes in Auftrag gegebene Umfrage ergab unter mehr als 2000 Beschäftigten verheerende Werte zum Betriebsklima:

  • Führungskräfte kommen in der Studie ganz schlecht weg: Ein Drittel ist mit dem Managementstil ihrer direkten Vorgesetzten unzufrieden. Nicht weil sie zu autoritär wären, sondern weitgehend unsichtbar bleiben: "Hier wird man nicht von zwei Steinen zerrieben, sondern von zwei Vakuen", schildert Studienleiter Georg Michenthaler Klagen der Befragten. In der Schlussfrage der Online-Untersuchung konnten die Mitarbeiter abseits des standardisierten Fragebogens ihren Unmut frei äußern.
  • Die Geschäftsführung wird noch stärker abgelehnt: 58 Prozent sind mit ihr nicht zufrieden. Nur zwei Prozent haben nichts auszusetzen.
  • Vertrauen in die Qualitäten der Mitarbeiterführung leidet laut Studie massiv. Michenthaler: "Man ist über die Pläne der Geschäftsführung fast durchwegs im Unklaren."
  • Zukunftsaussichten des ORF beurteilen die Mitarbeiter entsprechend: 76 Prozent sind pessimistisch. Im österreichischen Arbeitsklimaindex waren (allerdings 2008, am Beginn der Wirtschaftskrise) noch 85 Prozent Optimisten.
  • Das Image des ORF schätzen viele der Befragten miserabel ein. Nur sechs Prozent sind mit dem Ansehen des Unternehmens zufrieden, 31 Prozent nicht.
  • Mitbestimmen sieht die Unternehmensstruktur nicht vor, sagen die Befragten: Nur drei Prozent halten die Möglichkeiten dazu für zufriedenstellend. 46 Prozent sind damit nicht zufrieden.
  • 44 Arbeitsstunden pro Woche schreckt dabei so manchen innerhalb und außerhalb der Branche wahrscheinlich wieder weniger. Einmal die Woche länger als zehn Stunden zu arbeiten auch kaum.

Dennoch klagen ORF-Mitarbeiter über gesundheitliche Probleme:

  • Stark belastet sehen sich die meisten durch häufige Bildschirmarbeit, Zeitdruck, Zugluft durch die Klimaanlage, künstliches Licht und widersprüchliche Vorgaben.
  • Beschwerden sind etwa Muskelverspannungen, Kreuzschmerzen, Augenprobleme und hoher Blutdruck. Für "bedenklich", hält Michenthaler die Diagnose im Vergleich mit den besseren Ergebnissen der Telekommunikationsbranche.

Und was schätzen ORF-Mitarbeiter an ihrem Arbeitgeber? Die Umfrage erbrachte: Beziehungen zu Kollegen, die berufliche Tätigkeit insgesamt - und ihr Einkommen. (Doris Priesching, DER STANDARD; Printausgabe, 24.3.2009)