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Abdullah Gül besucht seinen Nachbarn Jalal Talabani

Foto: Getty/Khuzaie

Der türkische Präsident Abdullah Gül wurde am Montag in Bagdad zum Auftakt seines zweitägigen Besuchs mit allen Ehren empfangen. Zum ersten Mal seit 33 Jahren besucht ein türkisches Staatsoberhaupt den Irak. Die frühere Kolonialmacht - der Irak ist nach dem Ersten Weltkrieg aus drei osmanischen Provinzen entstanden - will neue Bande mit Iraks Regierung knüpfen. Gleich zu Beginn des Besuchs unterzeichneten die beiden Länder ein Abkommen über wirtschaftliche Zusammenarbeit.

Iraks Präsident Jalal Talabani hatte den Anfang gemacht und Ankara vor einem Jahr besucht. Seitdem gibt es regen politischen Austausch. Zum einen boomen seit dem Sturz Saddam Husseins vor sechs Jahren die Wirtschaftsbeziehungen besonders im Grenzbereich. Die Märkte im Nordirak bieten eine Fülle türkischer Waren an. Anders als jene aus dem Iran stehen türkische Produkte im Ruf, qualitativ hochwertig zu sein. In Dohuk, der drittgrößten Stadt Irak-Kurdistans, gibt es ein Kaufhaus mit ausschließlich türkischen Waren, das weit über die Kurdengebiete hinaus bekannt ist.

Türkische Firmen sind an großen Infrastrukturprojekten im ganzen Irak beteiligt. Selbst im südirakischen Basra wurde ein Elektrizitätswerk von Türken gebaut. Auch im Ölgeschäft sind türkische Unternehmen aktiv und bieten Dienstleistungen an. Allein im Jahr 2007 sollen türkische Firmen ein Auftragsvolumen von über sieben Mrd. Dollar im Irak verzeichnet haben. Bei fast allen Messen, die im Zweistromland stattfinden, sind immer türkische Unternehmen als Aussteller präsent. Türkische Gastarbeiter trifft man zurzeit überall auf irakischen Flughäfen.

Regionale Front gegen PKK

Doch die Bilanz der Beziehungen ist nicht nur positiv. Ankara beschuldigt die irakischen Kurden, den Kämpfern der türkisch-kurdischen PKK in den Grenzbergen Unterschlupf zu gewähren. 5000 Anhänger der Arbeiterpartei Kurdistans hatten sich in den Irak zurückgezogen, als ihr Führer Abdullah Öcalan 1999 verhaftet wurde. Seit Sommer 2004 verüben sie immer wieder Anschläge auf türkischem Gebiet. Iraks Präsident Talabani, selbst ein Kurde, will nun vermitteln.

"Die PKKhat zwei Möglichkeiten: die Waffen niederzulegen oder den Irak zu verlassen" , sagte er am Montag nach dem Treffen mit Gül. Die beiden Staatschefs kamen überein, gemeinsam gegen die PKK vorgehen zu wollen. Auch die USAsollen demnach eingebunden werden. Ein Treffen aller kurdischen Gruppen wird Ende April in Erbil, der Hauptstadt der kurdischen Autonomiegebiete, stattfinden, um eine Lösung zu suchen.
Bei mehreren folgenschweren Bombenanschlägen wurden am Montag Dutzende von Menschen getötet. Ein Selbstmordattentäter sprengte sich während einer Trauerfeier in Djalula nordöstlich von Bagdad in die Luft, tötete mindestens 25 Menschen und verletzte 50 weitere Personen. (Birgit Svensson aus Erbil/DER STANDARD, Printausgabe, 24.3.2009)