Mich macht die Debatte sehr betroffen, weil ich mit dem Helmut Zilk seit den 60er-Jahren gut befreundet war und ich daher nie auf die Idee gekommen wäre, das er sich Derartiges zuschulden kommen ließ. Ich hab ihn geliebt, gerade, weil er so war, wie er war, auch wenn er einem mit seinem dröhnenden Dauerreden manchmal schon auf die Nerven gehen konnte. - Was aber gleichzeitig natürlich auch die Vorwürfe gegen ihn ein wenig relativiert: Wer würde schließlich jemandem, der permanent den Mund offen hat, schon Geheimnisse anvertrauen, wenn er nicht riskieren will, dass es dann bald die ganze Stadt weiß? Aber natürlich muss man der Sache nachgehen, und man hätte das schon viel früher tun müssen. Dass das bisher nicht passiert ist, ist der eigentliche Skandal, da hat Bacher völlig recht.

Die Dokumente sind ja wohl offenkundig echt, aber ihn deswegen als "Spion" zu bezeichnen, erscheint mir dennoch etwas weit hergeholt. Einen Spion speist man nicht mit 5000-Schilling-Beträgen ab, und ich glaube auch nicht, dass die Informationen, die er weitergegeben hat, wirklich staatsgefährdend waren. Die Gefahr, dass die Tschechen daraufhin ins Mühlviertel einmarschiert wären, halte ich jedenfalls für gering.

Wahrscheinlich wäre es auch kein Fehler gewesen, hätte das profil die Sache mit etwas mehr Feingefühl behandelt. Aber noch einmal: Das ist kein Plädoyer fürs Verharmlosen und Zudecken. Im Gegenteil. Gerade weil ich ihn gern hatte, möchte ich nicht, dass er mir nun, nach all den Jahren, plözlich als jemand ganz anderer begegnet. Ich möchte sozusagen "meinen" alten Zilk wieder haben. Und würde mir daher wünschen, dass die Prager Regierung alles unternimmt, um die Sache endgültig aufzuklären - nicht zuletzt, um gegebenenfalls zu verhindern, dass man Zilk Unrecht tut. (Fritz Molden/DER STANDARD Printausgabe, 24. März 2009)

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Appell an Prag: Fritz Molden, langjähriger Zilk-Freund.