Wien - Woran es liegen könnte, dass Frauen in den Führungsetagen österreichischer Medienunternehmen eine Rarität sind, wurde am Montagabend an der Fachhochschule für Journalismus in Wien diskutiert. Dabei waren einige Repräsentantinnen der medialen Führungsriege. "Journalistinnen sind strukturell benachteiligt", stellte die Politologin Traude Kogoj fest und auch "Woman"-Chefredakteurin Euke Frank meinte, es werde den Frauen im Journalismus schwer gemacht. Sie sprach sich daher für die Einführung einer Frauenquote aus.
Gegen Gender-Lösungen
Auf vehementen Widerspruch stieß das bei "Standard"-Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmid. Sie sei gegen Quotenfrauen und Gender-Lösungen und auch selbst will sie "nicht fördern, weil jemand eine Frau ist. Das Frau-Sein darf aber natürlich auch kein Ausschließungsgrund sein." Allerdings betonte Föderl auch, dass der "Standard" in diesem Punkt vorbildhaft sei und sie sich nie gegen Männerbünde durchsetzen musste.
Brigitte Handlos, Chronik-Chefin im ORF-Fernsehen, kennt Männerbünde und verwies diesbezüglich auf Frauennetzwerke, die man dem entgegensetzen müsse. Anneliese Roherer hofft, dass die Bestellung von Föderl-Schmid zur "Standard"-Chefredakteurin einen "Obama-Effekt" nach sich ziehen könnte, nach dem Motto: "Wenn ein Afroamerikaner im Weißen Haus sitzt, dann entzieht das allen anderen Afroamerikanern die Ausrede." So sollte es auch mit den Frauen im Journalismus sein. Kogoj hielt dem entgegen, dass auch ein Vorbildeffekt nichts an der strukturellen Benachteiligung der Frauen ändere.
Sogwirkung?
Uneinig waren sich die Diskutantinnen in der Frage, ob Frauen an der Spitze von Medienunternehmen eine Sogwirkung auslösen und wiederum anderen Frauen in Führungspositionen verhelfen. Frank glaubt, dass "Frauen nicht unbedingt Frauen fördern". Wohingegen Handlos der Meinung ist, dass "sich so etwas wie eine gegenseitige Förderkultur entwickelt hat". Es sei aber auch ein Mythos, "dass alles besser wird, wenn Frauen führen".
Uschi Fellner, "Österreich"-Herausgeberin und Mutter von vier Kindern, wollte mit der Mär aufräumen, dass Beruf und Karriere im Journalismus leicht zu vereinbaren seien. Es sei "Knochenarbeit", jede andere Behauptung sei Augenauswischerei. Sie selbst erlebe gerade die umgekehrte Sichtweise als Unternehmerin, in deren Firma derzeit nach eigenen Angaben 22 Mitarbeiterinnen schwanger sind: "ein echtes unternehmerisches Problem", vor allem, wenn sich Frauen nach der Geburt drei Jahre lang in die Karenz zurückziehen.
Privatleben
Die Diskutantinnen sind auch Autorinnen des neuen Buches "Journalistinnen in Österreich. Erobern Frauen die Medien?", das unter Federführung der Journalismus-FH Wien erschienen ist. Einige Zahlen zum Nachdenken lieferte Buchherausgeberin Silke Rudorfer: Frauen sind in den Medien nach wie vor unterrepräsentiert. Am geringsten ist mit 30 Prozent der Frauenanteil im Agenturjournalismus. Dahingegen sind 60 Prozent aller Journalismus-Studierenden weiblich, und 41 Prozent der Journalistinnen haben einen akademischen Titel, wohingegen nur 29 Prozent der männlichen Kollegen einen solchen Titel vorweisen können.
Laut "Woman"-Chefredakteurin Frank gibt auch das Privatleben von Journalistinnen Anlass zum Nachdenken: 87 Prozent der weiblichen Journalisten haben demnach keine Kinder und mehr als die Hälfte hat keine fixe Partnerschaft. (APA)