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Verfügen Zugvögel wie dieses Braunkehlchen über genügen Körperfett, dann benötigen sie nur eine geringe Pause.

Foto: Archiv

Seewiesen - Die körperliche Fitness bestimmt, ob Zugvögel vor und nach langen Streckenabschnitten rasten oder weiterziehen. Das ermittelte ein Team deutscher und italienischer Vogelkundler, als es drei Zugvogelarten auf einer Raststation ihrer Reise beobachtete. Diese Erkenntnis könne dem Naturschutz zugute kommen, erklärt Wolfgang Goymann vom Max-Planck-Institut für Ornithologie.

"Besonders für Vogelschutzgebiete ist es wichtig, möglichst genau über Faktoren Bescheid zu wissen, die das Überleben von Vögeln bestimmen. Denn trotz bester Bedingungen im Schutzgebiet kann sich die Vogelzahl reduzieren, wenn etwa während des Zuges oder im Wintergebiet kritische Bedingungen für die Tiere herrschen." Die Forschung wurde im Online-Fachmagazin Biology Letters veröffentlicht.

Pause auf Ponza

Die Forscher beobachteten Gartengrasmücken, Dorngrasmücken und Braunkehlchen. Diese drei Singvogelarten verlassen jedes Frühjahr ihre afrikanischen Winterquartiere und ziehen in ihre Brutgebiete in Skandinavien. Eine wichtige Zwischenstation nach einer 400 Kilometer langen Etappe der Mittelmeer-Überquerung ist die italienische Insel Ponza. Hier fingen die Forscher Vertreter der drei Arten ein und unterzogen sie eingehenden Untersuchungen.

In einem ersten Schritt wurde der Fettspeicher der Tiere analysiert. "Dreht man die Vögel auf den Rücken und bläst in die Federn, kann man unter den Federn freie Hautstellen erkennen. An Bauch, Brust und Hals kann somit das Fettdepot gemessen und klassifiziert werden", erklärt Goymann.

Erkenntnisse lieferte schließlich die Beobachtung der Nachtaktivität. Diejenigen Vögel, die umfangreiche Fettspeicher besaßen, flatterten auch nachts in den kleinen Käfigen. "Dadurch drücken die Vögel aus, dass sie weiter ziehen wollen. Sie bewegen sich dabei stets in die Zugrichtung, die durch einen inneren Kompass vorprogrammiert ist", so der Vogelexperte.

Abgemagerte Tiere legten hingegen nachts eine Pause ein. Das Zug- und Rastverhalten ziehender Singvögel ist somit stark vom körperlichen Zustand abhängig, schließen die Forscher. Die Überquerung des Mittelmeeres fordert besonders bei kleinen Vögeln hohen Tribut, betont Goymann. "Teilweise sind sie nach ihrer Ankunft so erschöpft, dass sie sich kaum mehr bewegen oder nach Nahrung suchen können. Vielen gehen schon auf halber Strecke die Reserven aus und sie stürzen ins Meer."

Wettrennen

Vögel, die in Mittelmeerregionen wie etwa in Griechenland, auf Mallorca oder in Nordafrika überwintern, werden als Kurzstreckenzieher bezeichnet. Einer der bekanntesten Vertreter ist der Hausrotschwanz, der Mitte März nach Mitteleuropa fliegt. "Er lässt viel Zeit dabei und richtet sich vor allem nach der Witterung", so Goymann. Langstreckenzieher, die sich im Winter südlich der Sahara aufhalten, wissen hingegen kaum über das Klima in Europa Bescheid, wenn sie ihre Rückreise antreten.

Dennoch müssen sie zu bestimmten Zeitpunkten am Brutplatz ankommen, um im Wettrennen nach dem Winter nicht zu verlieren, erklärt Goymann. "Wer zuerst ankommt, sichert sich auch das Territorium und die Reviere." Dieses Rennen entscheidet häufig das Schwarzkehlchen für sich, ein bereits im Februar zurückkehrender kleiner Kurzstreckenzieher.

Der erste Gesang der Vögel im Frühling richtet sich übrigens nach den Sonnenstunden. "Werden die Tage länger und die Sonne scheint, wachsen Hoden und Eierstöcke der Vögel, und sie beginnen zu singen. Bei schlechter Witterung sind die Tiere hingegen mit der Nahrungssuche beschäftigt", so der Seewiesener Vogelforscher. (pte/red)