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Ein neuer Teamchef muss stets Vorbild sein und manchmal auch selbst zupacken.

Foto: APA/Jäger

Velden - "Es ist anders", sagt Emanuel Pogatetz. Ein paar Runden hat er auf dem Sportplatz in Velden gedreht, es war ein Traben. Eine Sehne im Knie hat sich entzündet, das zwickt und zieht. "Wird aber besser." Der Mann ist nicht wirklich entspannt, Middlesbrough befindet sich im sogenannten Abstiegsstrudel, der Fußballer quasi runterzieht. Nicht nur in England, aber dort ist das Wasser besonders tief. Pogatetz schaut in die Runde, und er sieht rund 20 österreichische Teamkicker, die einander Bälle zuschieben. "Manche habe ich noch nie gesehen."

"Gemma, meine Herren"

Er hört als Unbeteiligter die Anweisungen von Teamchef Dietmar Constantini, die reichen von "Gemma, meine Herren" über "brav" und "schneller" bis hin zu "Gib den Ball dem Trainer" und "Danke". Pogatetz ist ein Überbleibsel aus der von Ruhm befreiten Ära Karel Brückner. Auch er musste im Schlosshotel Velden ein Doppelzimmer beziehen, Rubin Okotie von der Wiener Austria wurde ihm zugewiesen. Rene Aufhauser wäre die erste Wahl gewesen, aber die wesentlichste Voraussetzung, nämlich die Einberufung Aufhausers, ward nicht erfüllt.

Es gibt weitere interessante Paarungen, Stefan Maierhofer teilt Fernseher und Bad mit Marko Arnautovic, Selbstvertrauen und Selbstvertrauen vertragen sich. Arnautovic wurde übrigens in den Niederlanden nicht wegen rassistischer Äußerungen verurteilt, es sollen gar keine gefallen sein. Der Stürmer von Twente Enschede kann also am 1. April in Klagenfurt gegen Rumänien kicken. Sein verletztes Sprunggelenk wird bis dahin auch wieder gut sein.

Paul Scharner teilt Nächte und Tage mit Manuel Ortlechner. Ziemlich fantasielos ist die Paarung Erwin Hoffer und Andreas Dober, der Klubkollegen bei Rapid. Pogatetz und Scharner werden als neue Kapitäne gehandelt, Constantini macht sich da keinen Stress. Es ist anders.

Junuzovic muss passen

Man sollte nicht zu viel reininterpretieren, die österreichische Nationalmannschaft ist nach wie vor die österreichische Nationalmannschaft. Sie hat die WM-Qualifikation großartig vergeigt, daran würde auch ein 25:3 gegen Rumänien wenig ändern. Aber die Buben wirken engagiert, rennen, grätschen und schauen dabei gar nicht verzweifelt drein. Ausgenommen Zlatko Junuzovic, ihm ist ein Seitenband eingerissen, er fällt für den 1. April definitiv aus. Trotzdem bleibt er beim Team und nützt den Ärztestab aus.

Junuzovic wäre gegen Rumänien für den kreativen Part vorgesehen gewesen, Constantini muss sich etwas anderes einfallen lassen, Andreas Ivanschitz wird er aber nicht nachnominieren. Marc Janko wird auch nicht mehr zur Mannschaft stoßen, er kuriert in Salzburg seine übergangene Grippe aus. Der Teamchef sagt: "Das Risiko wäre zu groß."

Neubeginn

Es ist anders. Ein Neubeginn. Für den steht der 20-jährige Rapidler Yasin Pehlivan, der nicht einmal vier Bundesligapartien gebraucht hat, um in die Eliteauswahl geholt zu werden. Pehlivan wird die Ruhe eines 30-Jährigen attestiert, er selbst widerspricht dem nicht. Das von seinem Trainer Peter Pacult verordnete Redeverbot wurde abgeschafft, Pehlivan, der Guti von Real Madrid quasi anhimmelt, versichert glaubhaft, "dass ich nicht abhebe". Er erzählt von seiner Nervosität. "Es war aufregend, in die Erste von Rapid zu kommen. Und es war ebenso spannend, plötzlich Teamspieler zu sein." Nach zwei Trainingseinheiten habe sich das Gefühl aber gelegt. "Bei Rapid und beim Team."

Pehlivan hat sich Ümit Korkmaz ins Zimmer geholt (oder umgekehrt), die Familien sind freundschaftlich verbunden, stammen aus dem türkischen Samsun. Die Söhne wurden in Wien geboren, heuerten bei Rapid an. Korkmaz ist mittlerweile ein Frankfurter.

Geiler Job

Constantini hat jedenfalls einen guten Eindruck. Von Pehlivan und vom Rest. "Alle geben Vollgas, aber ich habe mir nichts anderes erwartet, Fußballer müssen laufen." Schon beim ersten Training wurde bestätigt, was Constantini gewusst hat. "Ich habe den geilsten Job." 53-jährige Tiroler sind übrigens gläubige und auch sture Menschen. "Ich lasse mir den Glauben, dass jedes Fußballspiel zu gewinnen ist, nicht nehmen." Der Teamchef lächelt. Wobei dieser Satz nicht wirklich neu war. "Es ist anders", sagt Emanuel Pogatetz. (Christian Hackl, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 25.3.2009)