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Gröbere Umstrukturierungen stehen auf dem Programm.

Foto: Reuters/Bader

Wien - Der ORF will in Zukunft höhere Gebühren nicht erst beantragen, wenn die Inflation schon seine Einnahmen geschmälert hat. Das Strategiepapier von ORF-Chef Alexander Wrabetz schlägt vor, jeweils auf fünf Jahre im Voraus die Geldentwertung abzuschätzen und die Gebühren entsprechend im Voraus zu erhöhen. Über die fünf Jahre glichen sich Überschüsse in den ersten fünf Jahren mit Einnahmen unter der Inflation in den letzten aus. Alternativmodell laut ORF-Sprecher Pius Strobl wäre automatische jährliche Gebührenanpassung.

Das Fünfjahresmodell brächte dem ORF zwischen zehn und 40 Millionen mehr pro Jahr bis 2013.

Zwischen den Zeilen signalisiert das ORF-Papier auch, dass eine Gebührenerhöhung nahen könnte. Bis zur Einführung eines neuen Systems wie den Fünfjahresplänen für die Gebühren dürfe die Inflationsentwicklung "nicht unberücksichtigt bleiben": "Das wäre für den ORF in der aktuellen Situation nicht verkraftbar."

60 Millionen für Gebührenbefreiungen

Die Stiftungsräte des ORF und mancher Medienpolitiker haben sich schön langsam durch die 232 Seiten Strategiekonzept gekämpft (plus Anhang von 160 Seiten). Erste Schlüsse von Aufsichtsräten: Gilt die Republik dem ORF nicht 60 Millionen für Gebührenbefreiungen ab, kämen die ORF-Finanzen auf keinen grünen Zweig. Jedenfalls im schlechtesten von drei ORF-Finanzszenarien bis 2013, das derzeit als realistischstes gilt.

Auf die Regierung hofft die ORF-Führung bei einem weiteren Gebührenproblem: Der Verwaltungsgerichtshof entschied 2008 wie berichtet, wer keinen digitalen TV-Decoder hat, braucht dem ORF auch kein Programmentgelt zahlen. "Beträchtliche" Einbußen drohen, da laut ORF-Papier im schlechtesten Fall 200.000 bis 300.000 Gebührenzahler weniger. "Wir glauben nicht, dass sehr viele ganz auf den ORF verzichten", heißt es im Medienstaatssekretariat; derzeit sei eine Neuregelung nach ORF-Wünschen da "nicht in Sicht".

  • Die Werbung als zweitgrößter Umsatzbringer des ORF nach den Gebühren knickt unterdessen mit der Werbekonjunktur ein. 2008 waren noch knapp weniger als 85 Prozent der TV-Werbezeiten des ORF gebucht. Im ersten Quartal 2009 fiel die Auslastung laut Strategiepapier auf 70 Prozent.
  • Finanzerträge brachen 2008 mit der Finanzkrise ein. Das Papier: "Im Jahr 2008 wurden sämtliche angesammelte und nicht realisierte Bewertungsgewinne, die bisher als Risikoreserve fungiert haben, verbraucht."
  • Da tun Sparmaßnahmen not, einheitliche (für den ORF günstigere) Dienstverträge etwa, Golden Handshakes und Pensionierungen. Dazu neue Details aus dem Papier:
  • Der zentrale Newsroom soll "Einsparung im Personal, sowohl in der Technik als auch in der Redaktion" bringen. 20 bis 25 Prozent der mit (aktueller) Information beschäftigten Menschen will das Konzept mit dem zentralen Newsroom einsparen. Also 200 bis 250 Jobs oder 15 bis 20 Millionen Euro weniger.
  • Landesstudios: Führungspositionen unter der Ebene des Landesdirektors will das Konzept um ein Drittel reduzieren, von 100 Jobs war die Rede.
  • Auch in der Generaldirektion empfiehlt Wrabetz' Konzept, die Hauptabteilungen weiter zu reduzieren. "Strukturplanung, Organisation und Sicherheit" sollen nicht mehr drei, sondern eine Hauptabteilung bilden. Sicherheitschef ist der langjährige bürgerliche ORF-Zentralbetriebsratsboss Heinz Fiedler, nun noch Betriebsrat der Generaldirektion. Den zentralen Chefredakteur in der Generaldirektion (derzeit: Walter Seledec) will das Konzept längerfristig streichen, seine ohnehin inzwischen überschaubaren Aufgaben "dezentralisieren". (Harald Fidler/DER STANDARD; Printausgabe, 25.3.2009)