Das Bedürfnis nach Privatsphäre im Zeitalter der steigenden Überwachung kann seltsame Auswüchse haben: So hat der amerikanische Forscher Jack Brassil eine Tarnkappe gegen Videoüberwachung namens Cloak entwickelt, die Gesichter von Menschen auf Videoaufnahmen automatisch unkenntlich macht. Bloß: Die betreffenden Personen müssen sich zuvor registrieren lassen und ihre per GPS ermittelte Position ständig an das System melden - was von Datenschützern als wenig zielführend betrachtet wird.

Weil eine umfassende Überwachung immer teurer wird, würden künftig vertrauenswürdige Personen und Gruppen mit speziellem Equipment wie eben Cloak davon ausgenommen, während als nichtvertrauenswürdig Erachtete mit mehr Kontrolle rechnen müssten, meint Hans Zeger von der Datenschutzorganisation Arge Daten.

Um Datenschutzbedenken auszuräumen, arbeiten Forscher bei der Entwicklung neuer Technologien verstärkt mit der Datenschutzkommission zusammen.

"Die Zusammenarbeit ist sehr wichtig, denn gäbe es die Bestimmungen nicht, wäre es rein technisch möglich, anhand von Gesichtserkennung gleich die Person samt Adresse zuzuordnen", schildert Gerd Hesina vom Zentrum für Virtual Reality und Visualisierung.

Um für die Sicherheit tauglich zu sein, müssten die Kameras aber semantische Kriterien erfüllen, also Schlüsse aus dem Verhalten der beobachteten Personen ziehen können, ergänzt Heinz Mayer, Leiter des Instituts für Digitale Bildverarbeitung am Joanneum Research. "Die Systeme sind noch nicht so weit, dass man nicht ständig Fehlalarm bekommt", räumt Mayer ein.

Folgen der Überwachung

Im Normalfall zeigen sich unmittelbar nur positive Folgen von Überwachung, nämlich erhöhtes Sicherheitsempfinden, weiß Johann Èas vom Institut für Technikfolgenabschätzung der Akademie der Wissenschaften. Über eventuell später auftretende negative Folgen gebe es noch zu wenig wissenschaftliches Material. Soziologische Studien würden aber darauf hindeuten, dass sich Personen im Visier von Kameras deutlich unauffälliger verhalten, um nicht Opfer von Missverständnissen zu werden. Ob die unmittelbarste Auswirkung, nämlich ein Sinken der Kriminalität, wirklich gegeben ist, bezweifelt Èas. Selbst in Großbritannien, das eine enorme Kameradichte aufweise, sei die Verbrechensrate nicht gesunken.

"Mir ist wesentlich lieber, mir schaut ein wertfreier Algorithmus zu als eine Person", meint hingegen Horst Bischof von der TU Graz.

Aus datenschutzrechtlicher Sicht wünscht sich Waltraud Kotschy, die Leiterin der Datenschutzkommission, "so wenig Überwachung wie möglich". Neue Technologien, die die Überwachung automatisieren und wertfreier machen, könnten die Wahrung der Grundrechte aber durchaus verbessern.

"Am besten sind Systeme, die nicht mehr alles aufzeichnen, sondern nur im Anlassfall", sagt Kotschy. "Besonders wichtig ist, dass jede Auswertung automatisch protokolliert wird, damit im Nachhinein überprüft werden kann, ob die Auswertung auch zulässig ist." (Peter Illetschko und Karin Krichmayr/STANDARD,Printausgabe, 25.3.2009)