"Es wäre gefährlich, die Systemevaluierung als weißen Ritter zu sehen, der die österreichische Forschungsförderung vom Joch befreit." Michael Binder, Chefstratege der Forschungsförderungsgesellschaft FFG, plädierte in der Club-Research-Diskussion "Feedback oder Feigenblatt: Anspruch und Realität der Forschungsevaluierung" für realistische Erwartungen in die für Mai erwarteten Ergebnisse der Evaluierung des österreichischen Forschungsfördersystems. Das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) analysiert im Auftrag von Wirtschafts- und Verkehrsministerium Effizienz und Wirkung direkter und indirekter Förderung für F&E in Österreich. Auch Zweigleisigkeiten aufgrund der Tatsache, dass Forschungsagenden in mehreren Ministerien angesiedelt sind, sollten dadurch einmal mehr aufgedeckt werden.
Was sich Binder und Forschungsszene freilich schon erwarten, sind Anregungen für die Optimierung, die man auch umsetzen sollte. Eine Forderung, der sich alle Diskutanten im "Club Research" anschlossen. Michael Dinges von Joanneum Research wünschte sich von der Politik, dass Evaluierungen ernst genommen werden und als "Option für die Entwicklung eines Fördersystems" gesehen werden. Dinges: "Das Scheitern eines Programm kann auch eine Chance sein." Zu viele Evaluierungen würden in Laden verschwinden, wenn sie nicht den Erwartungen der Auftraggeber entsprächen. Auch die grüne Vorsitzende des Parlamentsausschusses für Forschung, Technologie und Innovation, Ruperta Lichtenecker, forderte, dass Evaluierungsergebnisse mehr als bisher für die Optimierung des Fördersystems herangezogen werden - ähnlich wie die Rechnungshofberichte.
Viel Analyse
Material gibt es genug, in Österreichs Forschungsförderung wird viel analysiert. Zwischen 2003 und 2007 waren es allein über sechzig Evaluierungsprozesse. Die Diskutanten sahen da durchaus Optimierungsbedarf. Wo Ergebnisse auf der Hand liegen, müsse man sich keine Bewertung durch externe Experten leisten. Binder meinte, in der FFG fühle man sich mitunter "überevaluiert". Dinges schätzte, dass eine aufwändige Evaluierung zwischen 300.000 und 400.000 Euro kostet. "Da stellt sich dann vielleicht die Frage der Verhältnismäßigkeit." Der Volkswirt am Joanneum-Institut für Technologie- und Regionalpolitik meinte, man könnte sich viel sparen, würden eindeutige Zielvorgaben gegeben und klare Fragen gestellt, die man von einer Evaluierung beantwortet haben will.
Dem von Patries Boekholt von der niederländischen Technopolis Group genannten Beispiel eines niederländischen Parlamentariers, der eine Rangordnung der wichtigsten Programme verlangte, konnte er nichts abgewinnen. Es sei Aufgabe der Politik, Schwerpunkte zu setzen. Finnland etwa habe nach der Evaluierung 2001 die benachteiligte Grundlagenforschung höher dotiert.
Die Berücksichtigung bereits vorliegender, wenn auch nur provisorischer Evaluierungsergebnisse hätte wohl auch dem österreichischen Bundeshaushalt gut getan. Wiewohl noch unter Verschluss, deutet im Forschungsbudget vieles auf eine krasse Fehleinschätzung der indirekten Forschungsförderung hin. Laut Insidern beziffert das Wifo die Überbewertung der Steuergutschriften für Forschungsprämie und Forschungsfreibetrag mit gut hundert Millionen Euro pro Jahr, andere Ökonomen bezeichnen den Bundesvoranschlag deshalb als Mogelpackung. "Die rechnen sich reich", ätzt ein Involvierter, der nicht genannt werden will, "und kürzen auf diesem Weg kalt die Direktförderungen."
Gekürzt, aber nicht so stark wie befürchtet, wurde die Ausschüttung der Nationalstiftung. Sie hat heuer doch 35 Millionen Euro (statt 20): Je zehn fließen an FFG und Wissenschaftsfonds FWF, je 5,5 an Doppler-Labors und Akademie der Wissenschaften, und 4,5 an die Ludwig-Boltzmann-Gesellschaft. (Peter Illetschko und Luise Ungerboeck/STANDARD, Printausgabe, 25.3.2009)