Prag - Der tschechische Senat will trotz des Sturzes der Regierung von Ministerpräsident Mirek Topolanek über den Vertrag von Lissabon abstimmen. Der Senat werde das Vertragswerk wahrscheinlich bei seiner für die zweite Aprilhälfte angesetzten Sitzung prüfen, sagte Senatssprecher Petr Kostka der Nachrichtenagentur AFP am Mittwoch in Prag. Der Initiative einiger Senatoren, die laut Kostka schon in der anstehenden Sitzung ab Donnerstag über den EU-Reformvertrag abstimmen wollen, maß der Senatssprecher wenig Erfolgschancen bei.

Mirek Topolanek muss nach dem Sturz seiner Mitte-Rechts-Regierung durch ein am Dienstag erfolgtes Misstrauensvotum abtreten. Die Ratifizierung des EU-Reformvertrags durch Tschechien hängt nach Einschätzung des scheidenden Ministerpräsidenten vom "internen Prozess" innerhalb seiner konservativen Demokratischen Bürgerpartei (ODS) ab. "Wenn ich die Situation in der ODS nicht mehr unter Kontrolle habe, wird der Vertrag von Lissabon nicht ratifiziert", sagte Topolanek der Tageszeitung "Hospodarske Noviny".

Unsicherer Ausgang

Das tschechische Unterhaus hatte den Lissabon-Vertrag Mitte Februar erst nach mehreren Anläufen verabschiedet. Für die Ratifizierung des EU-Reformwerks muss noch die zweite Kammer des tschechischen Parlaments, der Senat, zustimmen. Die Abstimmung gilt wegen der Mehrheit der euroskeptischen ODS-Abgeordneten als unsicher. Senatspräsident Premysl Sobotka rechnet eher mit einer Mehrheit für die Ratifizierung. Etwas skeptischer sieht es der Vorsitzende des EU-Senatsausschusses, Ludek Sefzig, ebenfalls von der ODS. "Heute sind ungefähr 50 Prozent dafür", sagte er gegenüber österreichischen Journalisten. Nötig wäre eine Drei-Fünftel-Mehrheit.

Anschließend muss Staatschef Vaclav Klaus, ein erklärter Lissabon-Gegner, seine Unterschrift unter das Dokument setzen. Der EU-Reformvertrag kann nur in Kraft treten, wenn er von allen 27 EU-Mitgliedsländern ratifiziert wird. (APA/AFP)