Straßburg - Der tschechische Ministerpräsident und Ratsvorsitzende Mirek Topolanek ist im EU-Parlament in Straßburg am Mittwoch vor allem vom deutschen Sozialdemokraten Martin Schulz scharf kritisiert worden. "Sie repräsentieren nicht den Rat der EU, sondern sich selbst. Das ist ein großer Fehler", so Schulz. Die Absage des Beschäftigungsgipfels im Mai sei auch ein "schwerer Fehler". Topolanek wies in seiner Schlusserklärung die Vorwürfe zurück und sprach von einem "Vorwahlkampf". Außerdem stellte er eine Verschiebung des Juni-Rats um eine Woche in den Raum.
Was die Wirtschaftskrise betreffe, würden derzeit alle an einem "Domino-Effekt" leiden. Er habe nicht die amerikanische Politik an sich kritisieren wollen. Ihm sei es nur darum gegangen, die Vorteile der EU hervorzustreichen. Es gehe nicht um den Aufbau irgendwelcher Barrieren zwischen den USA und der EU.
"Keine kleine Aufgabe"
"Eines ist klar, irgendjemand muss nachher diesen Spaß bezahlen", so Topolanek zu den bisher aufgewendeten Hilfsprogrammen als Kampf gegen die Wirtschaftskrise. Wenn man diese Frage "auf später verschiebt, hat das Auswirkungen auf die Euro-Zone, auf die Währungsstabilität und ist unverantwortlich". Es sei "unsere Aufgabe, in der EU den Menschen die gleichen sozialen Standards zu garantieren wie vor der Krise. Das ist keine kleine Aufgabe, das kostet Geld".
Zum Beschäftigungsgipfel meinte Topolanek, er habe "das volle Format unterstützt". Es "war nicht unsere Entscheidung, dass das ein Troika-Gipfel sein soll". Auf der anderen Seite handle es sich um einen informellen Gipfel, der Empfehlungen dem Juni-Rat mit allen 27 Mitgliedstaaten vorlege, wo dann Beschlüsse erfolgten. Ein "reduziertes Format kann schon günstig sein". Schulz hatte den tschechischen Premier zuvor aufgefordert, wieder den Beschäftigungsgipfel einzuberufen. Es sei wichtig, dass die Beschäftigungspolitik im Mittelpunkt des Handelns der Regierungen stehe.
Nicht wie Berlusconi
Schulz wies außerdem die von Topolanek angeführte "Obstruktion" der Sozialdemokraten als Grund für den Sturz der tschechischen Regierung zurück. "Sie haben bis heute nicht verstanden, was die Aufgabe der Ratspräsidentschaft ist. Wenn sie herkommen, um tschechische Innenpolitik zu machen, dürfen Sie sich nicht wundern, wenn wir über tschechische Innenpolitik diskutieren". Und er hielt Topolanek auch vor, keine Klarheit über institutionelle Fragen nach den Europaparlamentswahlen zu geben. "Einmal sagen, machen wir am Anfang Nizza und dann ein bisschen Lissabon, das geht nicht. Konsultationen nach der EU-Wahl sind schön, aber erst wenn sich das Europaparlament konstituiert hat. Ich lasse mich nicht nach dem 7. Juni konsultieren, ohne dass das Parlament zu seiner ersten Sitzung zusammengetreten ist".
Topolanek reagierte deutlich verärgert auf Schulz und meinte, er wolle "nicht den Fehler Berlusconis wiederholen". Berlusconi hatte Schulz ja einmal mit einem "Capo" in Verbindung gebracht und ziemlichen Wirbel ausgelöst. Konkret zu den institutionellen Fragen merkte der tschechische Premier an, "wenn ein solches Interesse des EU-Parlaments besteht, können wir den Juni-Rat eventuell um eine Woche verschieben. Kontultationen sind erforderlich, und natürlich muss entschieden werden, ob wir nach Nizza oder Lissabon vorgehen, wie es aussieht mit der Zahl der Kommissare. Da müssen wir natürlich auch das Ergebnis der Wahlen berücksichtigen. Wir müssen auf jeden Fall eine sachliche Lösung finden". (APA)