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Peer Steinbrück will Bürger und Firmen zu besonderen Auskunftspflichten gegenüber dem Fiskus zwingen, wenn sie Geschäftsbeziehungen zu Banken und Unternehmen in Steueroasen unterhalten.

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Berlin/Wien - Das Thema "Steueroasen" ist trotz dem jüngsten Einlenken der mehr oder minder als solche titulierten Staaten noch lange nicht zur Zufriedenheit aller geregelt. Vor allem in Deutschland wird derzeit gestritten, wie mit Steuerflucht und Steueroasen vorzugehen sei.

Der deutsche SPD-Fraktionsvize Joachim Poß hat die CDU/CSU erneut zum Einlenken in der Debatte um ein schärferes Vorgehen gegen Steuerhinterziehung aufgerufen. Die Union hingegen beharrt auf Änderungen am Gesetzentwurf von Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) zur Bekämpfung der Steuerflucht über Steueroasen. Steinbrück wolle deutsche Firmen, die seit Jahren normale Geschäftsbeziehungen zu Österreich und der Schweiz unterhielten, benachteiligen, sagte der finanzpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Otto Bernhardt.

Unter Generalverdacht

Bernhardt warf am Mittwoch im ZDF dem deutschen Finanzminister vor, er wolle Geschäftsleute unter Generalverdacht stellen, die seit Jahrzehnten mit der Schweiz oder anderen Ländern handelten, für die das Thema Geldanlage aber überhaupt keine Rolle spiele. "99 Prozent der Firmen, die mit Österreich und der Schweiz wirtschaftliche Kontakte haben, haben nicht das Thema Steuerhinterziehung im Rücken, sagte der CDU-Politiker.

Über die Vorlage Steinbrücks sollte heute, Mittwoch, im Finanzausschuss des Bundestages beraten werden.

Die SPD beharrt darauf, dass es um Interesse und Finanzierung des Gemeinwesens gehe, sagte Vize-Fraktionschef Poß. Den Vorwurf, der Gesetzentwurf von Finanzminister Steinbrück sei im internationalen Vergleich zu weitgehend, wies Poß zurück: "Wir brauchen diese Schritte, um den Druck zu erhöhen, um diesem Skandal der Wirtschaftskriminalität und Steuerhinterziehung hier endlich ein Ende zu bereiten."

Steinbrück wollte nach seinen bisherigen Plänen Bürger und Firmen zu besonderen Auskunftspflichten gegenüber dem Fiskus zwingen, wenn sie Geschäftsbeziehungen zu Banken und Unternehmen in Steueroasen unterhalten. Wird die Kooperation verweigert, sollen bestimmte Steuervorteile gestrichen werden. Im Visier des Ministers sind "unkooperative Gebiete", also Länder, die sich nicht an die OECD-Standards zur Bekämpfung von Steueroasen halten (Liechtenstein, Andorra und Monaco, Österreich und die Schweiz).

Pröll in Berlin

Finanzminister und Vizekanzler Josef Pröll (ÖVP) wird heute bei seinem Besuch in Berlin mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Steinbrück und Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) über Maßnahmen zur Überwindung der Wirtschafts- und Finanzkrise beraten. Daneben dürfte es aber auch darum gehen, die Wogen zu glätten, die im Streit über das österreichische Bankgeheimnis hoch gegangen sindDeutschland erwartet von Österreich tatkräftige Unterstützung im Kampf gegen Steuerhinterziehung, betonte das deutsche Finanzministerium heute. Pröll kam zu Mittag mit seinem deutschen Amtskollegen Peer Steinbrück (SPD) zu einem Mittagessen zusammen. "Da erheben wir keine Vorwürfe", sagte ein Sprecher Steinbrücks dazu. Bei dem Essen wollte der deutsche Minister aber "freundschaftlich wie mit allen unseren Partnern" einen Dialog darüber führen, wie noch besser Steuerhinterziehung bekämpft werden könne. Dort wo das österreichische Recht oder das Bankrecht möglicherweise entsprechende Anreize biete, "würden wir uns sehr freuen, wenn die Unterstützung noch tatkräftiger wäre als in der Vergangenheit".

Druck mit Erfolg

Deutschland hatte im "Steueroasen-Streit" rhetorisch massiven Druck auf die Schweiz und Liechtenstein, aber auch auf Österreich ausgeübt - und damit Erfolg gehabt. Während die österreichische Regierungsspitze lange beteuert hatte, am österreichischen Bankgeheimnis beharren zu wollen, hat man schließlich doch dem Drängen aus Berlin nachgegeben: Künftig soll für die Herausgabe von Konto-Daten ausländischer Bankkunden bereits das Vorliegen eines begründeten Verdachts ausreichen - bisher ist dazu die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens notwendig. Wenn sich Österreich tatsächlich verpflichtet, nach OECD-Standards Informationen mit den Behörden anderer Länder auszutauschen, dann ist damit nach Ansicht des Finanzrechtsexperten Werner Doralt das österreichische Bankgeheimnis de facto abgeschafft.

Am Nachmittag wird Pröll Merkel seinen Antrittsbesuch als Vizekanzler und als neuer Obmann der ÖVP abstatten. Anschließend sind Gespräche mit Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) und am Abend mit Guttenberg vorgesehen.

Rege Besuchsdiplomatie

Pröll ist übrigens nicht der einzige, der in Sachen Bankgeheimnis und Steueroasen auf Reisen ist.Rege Besuchsdiplomatie gibt es auch zwischen der Schweiz und Deutschland. Die beiden Länder sind offensichtlich bemüht, nach den scharfen Tönen der vergangenen Wochen wieder zu einer guten und freundschaftlichen Zusammenarbeit zurückzukehren.

Merkel nimmt es gleichfalls diplomatisch: "Dass die Androhung einer Liste zu so vielen Reaktionen geführt hat, ist ja erstmal ein interessantes Phänomen. Dass man aber, wenn Bewegung in eine Sache kommt, denjenigen dann vielleicht nicht übermäßig an den Pranger stellen muss, das glaube ich, ist auch eine Möglichkeit." (APA/Reuters)