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Lech Walesas Beichtpfarrer Henryk Jankowski soll dem Geheimdienst Informationen geliefert haben

Foto: AP/Sokolowski

Warschau - Der langjährige Beichtvater des polnischen Ex-Präsidenten Lech Walesa steht im Verdacht, im kommunistischen Polen für den Geheimdienst gearbeitet zu haben. Henryk Jankowski sei vom Geheimdienst SB unter den Denknamen "Delegat" und "Libella" als "operativer Kontakt" geführt worden, sagten Historiker des Instituts für das nationale Gedächtnis (IPN) der Zeitung "Dziennik". Das IPN verwaltet die Akten des SB.

"Pater Jankowski taucht in den Unterlagen immer dort auf, wo auch der Informant Delegat oder der Informant Libella erscheinen", erklärte der IPN-Historiker Piotr Gontarczyk der Zeitung. Die von ihm gelieferten Informationen beträfen unter anderem Gespräche mit dem damaligen Vorsitzenden der unabhängigen Gewerkschaft "Solidarnosc", Lech Walesa, und dem Primas der katholischen Kirche, Kardinal Stefan Wyszynski. Darüber hinaus sei "Delegat" von einem SB-Offizier in Danzig (Gdansk) geführt worden, woher Jankowski stammt. Der Offizier habe sich mit der Kirche befasst, so der Historiker Jan Zaryn vom IPN.

"Operativer Kontakt"

Jankowski widerspricht der Darstellung der Historiker. Er habe sich in der fraglichen Zeit nicht mit Vertretern des SB getroffen, so der Geistliche zu "Dziennik". Experten halten es allerdings für möglich, dass Jankowski Informationen an einen SB-Mitarbeiter weitergab, ohne sich darüber im Klaren zu sein. Dies sei bei der Kategorie der vom SB sogenannten "operativen Kontakte" möglich, sagte Pater Tadeusz Isakowicz-Zaleski am Mittwoch dem Radiosender RMF FM. Isakowicz-Zaleski beschäftigt sich seit Jahren mit den Verbindungen zwischen Kirche und SB.

Jankowski stand in den 80er Jahren selbst unter scharfer Beobachtung des Geheimdienstes und wurde wegen "Missbrauchs der Gewissens- und Glaubensfreiheit" angeklagt. Nach der Wende geriet er vor allem wegen seiner antisemitischen Aussagen bei Predigten in der Danziger Brigitten-Gemeinde in die Schlagzeilen. 2004 wurde er wegen Vorwürfen gegen seine Jugendarbeit von seinem Amt als Gemeindepfarrer abberufen. Seitdem macht Jankowski, der für seinen Hang zum Luxus bekannt ist, durch verschiedene Geschäftsprojekte von sich reden.

Kommission

Die Diskussion über die Verbindungen der Kirche mit dem kommunistischen Geheimdienst stieß 2006 Tadeusz Isakowicz-Zaleski, ein ehemaliger Solidarnosc-Pater, an. Ein Jahr später veröffentlichte Isakowicz-Zaleski sein Buch "Die Pfarrer gegenüber dem Geheimdienst am Beispiel der Erzdiözese Krakau". Das Episkopat richtete nach anfänglichem Zögern eine Geschichts-Kommission zu dem Thema ein. Diese kam zu dem Ergebnis, dass kein noch lebender Bischof mit dem SB kooperiert habe.

Vor knapp zwei Wochen erklärte das Episkopat die Aufarbeitung der Vergangenheit für beendet. Diese Entscheidung halten 39 Prozent der Polen für falsch, wie eine vor kurzem veröffentlichte Umfrage des Instiuts TNS OBOP ergab. 26 Prozent erklären dagegen, es sei "sinnlos, in der Geschichte zu wühlen" und befürworten den Beschluss. (APA)