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Der Brite Jenson Button im Brawn GP trumpfte bei den vorsaisonalen Tests auf und wird als Favorit für das erste Saisonrennen gehandelt.

Foto: Jasper Juinen/Getty

Melbourne/Wien - Bevor zum ersten Mal rennmäßig Gas gegeben wird, wird gestritten. Denn wenn ein Neuling den Arrivierten bei den Tests um die Ohren fährt, dann ist er verdächtig. Der Neue, das ist Brawn GP, das Nachfolgeteam von Honda, das sich Ende vergangenen Jahres auf Grund der Weltwirtschaftskrise aus dem Zirkus verabschiedet hat. Für den Verdacht sorgt der Diffusor des neuen Boliden, der von einem Mercedes-Kundenmotor angetrieben wird.

Der Diffusor ist eine Bodenplatte im hinteren Bereich des Autos, die für Anpressdruck sorgt. Offenbar gibt es eine Grauzone im Reglement. Denn während einige Teams, darunter Red Bull, von einem illegalen Trumm sprechen und Protest einlegen wollen, falls dieses bei der technischen Abnahme am Donnerstag für regelkonform erklärt wird, sind Brawn GP, Toyota und Williams-Toyota, die ebenfalls auf eine Art Doppeldiffusor setzen, der Meinung, alles sei korrekt. Schließlich hat sich laut dieser Teams Charlie Whiting, Delegierter des Internationalen Automobilverbandes FIA, die Diffusoren bei den Wintertests angeschaut und für okay befunden. FIA-Präsident Max Mosley: "Es wird eine sehr schwierige, komplizierte Angelegenheit." Die FIA rechnet offenbar auch mit Protesten nach dem Rennen (kommt natürlich auf den Ausgang an), was für den Rennsport eine große Plage wäre.

Die Buchmacher mischen sich nicht in so eine Diskussion ein. Der österreichische Internet-Wettanbieter Bwin beispielsweise favorisiert (Stand vom Mittwoch, kann sich täglich ändern) den Briten Jenson Button im Brawn GP für das Rennen in Australien (Sonntag, 8 Uhr/MESZ) und den spanischen Renault-Piloten Fernando Alonso, seines Zeichens zweifacher Champion, für den WM-Titel. In der Konstrukteurs-WM hat Ferrari die niedrigste Quote.

Weltmeister als Außenseiter

Und was ist mit Lewis Hamilton im McLaren-Mercedes, der sich im Vorjahr zum jüngsten Weltmeister aller bisherigen Formel-1-Zeiten kürte? Bei den Tests in Jerez und Barcelona machte der mittlerweile 24-Jährige keine gute Figur, was heuer insofern entscheidender sein dürfte als früher, als Tests während der Saison heuer verboten sind. Mercedes-Sportchef Norbert Haug: "Wir sind nicht da, wo wir zu Beginn der Saison sein wollten. Ich erwarte uns in der zweiten Hälfte des Feldes. Wir haben uns auf ein sehr schwieriges erstes Saisondrittel einzustellen." Kann gut sein, dass das ein Bluff ist. Die Wahrheit liegt wie immer in diesem Sport auf der Strecke. Und natürlich bei der FIA, die letztendlich den Diffusorenstreit entscheidet.

Ein anderer Streit, jener zwischen der FIA und der Konstrukteursvereinigung Fota, wurde zwar noch nicht gelöst, aber verschoben. Die FIA zog die von ihr überfallsartig eingeführte Regel, wonach der Pilot mit den meisten Siegen Weltmeister wird, nach Protesten der Fota wieder zurück und will sie erst 2010 einführen. Die Fota wird wohl wieder protestieren, will nämlich den Sieg durch mehr Punkte aufgewertet sehen.

Ein Wort noch zum Sparen. Die Budgets der Teams sind dank diverser Maßnahmen (keine Tests bis 31. Dezember, acht Motoren pro Auto/Saison) um dreißig Prozent niedriger als im Vorjahr, womit die Formel 1 fast ein billiges Vergnügen ist. 20 Autos auf 18 Rennstrecken im Kreis zu schicken, kostet schätzungsweise nur noch 1,7 Milliarden Euro, womit erstmals seit zehn Jahren die Zwei-Milliardengrenze unterschritten wird. (Benno Zelsacher, DER STANDARD, Printausgabe, Donnerstag, 26. März 2009)