Die Debatte um die Aufstockung der von Lehrern gehaltenen Unterrichtsstunden hat sich interessant zugespitzt: mehr Stunden, dafür Netbooks (die florierenden Mini-Notebooks um 300 bis 500 Euro) für alle Lehrer.

Anständige Arbeitsplätze

Natürlich ist das eine verkürzte Darstellung, denn es geht insgesamt darum, dass Lehrer an den Schulen anständige Arbeitsplätze bekommen. Aber bleiben wir kurz bei den plötzlich zu Prominenz gekommenen Netbooks. Generell sind Computer Werkzeuge der Rationalisierung: Sie ermöglichen uns, mehr in weniger Zeit zu machen. Dies wird zwar oft im allgemeinen Raunzen über Technologie bestritten, hat auch unerwünschte Folgen, aber betriebs- und volkswirtschaftlich ist der Produktivitätseffekt vielfach belegt.

Jedem Lehrer ein Netbook: Das klingt so, als ob damit die Arbeitszeitersparnis bei Vorbereitungen und Verwaltungen erzielt werden könnte, um (bei insgesamt gleicher Arbeitszeit) mehr Stunden für den Unterricht zu gewinnen.

Privat

Diese Vorstellung über Rationalisierung ist allerdings naiv. Zwar erhöhen PCs die persönliche Effizienz und sind als Wissens- und Kommunikationswerkzeug längst unentbehrlich geworden. Aber der Großteil der Lehrer nutzt längst mit privat gekauften Geräten (und den an Schulen vorhandenen PCs) diese Möglichkeiten. So verstanden wären Netbooks für alle Lehrer nur eine längst fällige Selbstverständlichkeit.

Was anderes sind die sicherlich vorhandenen Rationalisierungspotenziale im Schulsystem als Ganzes, gerade erst wieder vom Rechnungshofpräsidenten eingefordert. Dazu braucht es jedoch IT-Systeme, die Arbeitsabläufe optimieren, von der Stundenplanerstellung über den Kontakt zu Schülern und Familien, Datenbanken mit Materialien zur Unterrichtsgestaltung bis zu elektronischen Tests statt mündlichen Prüfungen. Solche Dinge gibt es als Stückwerk, aber nicht als Gesamtsystem.

Und die SchülerInnen?

Noch spannender ist aber eine andere Frage, die bei einer solchen betrieblichen Rationalisierung nur am Rande angeschnitten wird: Welche Rolle könnten an alle Schülerinnen und Schüler verteilte Netbooks (samt dazugehöriger Onlinestruktur) bei der Rationalisierung des Lernens spielen?

Aus mehreren Gründen ist dieses Thema tabuisiert: Viele Pädagogen behandeln Technik grundsätzlich so, als ob sie dem Lernprozess fremd wäre; wer E-Learning propagiert, ist darum bemüht, die weiterhin zentrale Rolle von Lehrerinnen und Lehrern zu betonen, um Widerständen aus dem Weg zu gehen.

Buchkultur

Aber natürlich gibt es auch Rationalisierungeffekte des Lernens selbst. Unsere gesamte Buchkultur ist letztlich eine Technik, wie Individuen (Autoren) ihr Wissen weitergeben, ohne dass eine Lehrerin oder ein Lehrer dazu nötig wäre. Das ist kein Argument gegen Lehrer - aber ein Argument, Technik im Vermittlungsprozess stärker zu trauen. Ja, auch gut eingesetzte vernetzte PCs sind für die Schule eine Chance, ihre Produktivität zu erhöhen. Und im Schulbetrieb bedeutet höhere Produktivität: besser ausgebildete Jugendliche. (helmut.spudich@derStandard.at, DER STANDARD Printausgabe, 26. März 2009)