Der ehemalige Innenminister Ernst Strasser geht als Spitzenkandidat für die ÖVP bei den EU-Wahlen ins Rennen.

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Ernst Strasser kehrt in die Politik zurück: Der 56-jährige Ex- Innenminister, zuletzt als Politik- und Medienberater tätig, wurde am Donnerstag als ÖVP-Spitzenkandidat für die Europa-Wahl im Juni nominiert. Er werde sich nach der Wahl auch als Delegationsleiter bewerben, seine verschiedenen Firmen aber behalten, sagte Strasser der "ZiB 2". Zu der von der SPÖ geforderten Referenden über neue EU-Verträgen will sich der Kandidat an Österreichs Regierungsabkommen halten. Sein Wahlziel: "Selbstverständlich wollen wir Erster werden." 

Er habe mit Strasser "keinen Quereinsteiger, sondern einen Vollprofi" als Spitzenkandidaten ausgewählt, sagte VP-Obmann Josef Pröll. Auf die Frage, ob er vor Strasser auch andere gefragt habe, sagte Pröll nur: "Ich habe Ernst Strasser gefragt" .

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Wien - Als Landesparteisekretär und Klubobmann legte er den Grundstein für die Machtfülle von Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll - und nun holt ihn Neffe Josef Pröll zurück in die Politik: Ernst Strasser, einer der erfahrensten Ex-Politiker der Volkspartei, soll deren Liste für die Europa-Wahl im Juni anführen.

Der ehemalige Innenminister (von Februar 2000 bis Dezember 2004) wurde am Donnerstag auf Prölls Vorschlag ("ein Vollprofi" ) vom Parteivorstand an die Spitze der Liste gesetzt. Strasser habe "seine Krisenfestigkeit" unter Beweis gestellt und in seiner Amtszeit "gute Kontakte in der EU geknüpft" , erklärte der ÖVP-Obmann. Und Strasser selbst verkündete stolz: "Ich habe nicht vor, fünf Jahre lang den Österreichern die EU zu erklären. Es geht mir darum, Österreichs Anliegen in Straßburg und in Brüssel zu vertreten."

Damit erfüllt er sich einen lange gehegten Wunsch: Schon einmal hatte Strasser seine Fühler in Richtung Brüssel ausgestreckt, damals aber hat Kanzler Wolfgang Schüssel die mit ihrer Präsidentschaftsbewerbung gescheiterte Außenministerin Benita Ferrero-Waldner als Kandidatin für den Kommissionsposten vorgezogen.

Strasser nahm das hin - aber er nahm den Hut. Dies zum Ärger von Schüssel, der Strasser gerne im Innenministerium gehalten hätte. Dort hatte sich der aus Grieskirchen stammende Bauernsohn den Ruf eines pragmatischen Machers mit scharfem parteipolitischem Blick erworben: Auf dem Höhepunkt seiner Macht, am Tag nach dem Parlamentsbeschluss über die Zusammenlegung von Gendarmerie und Polizei, trat Strasser zurück.

Berater der Bulgaren

Freunden erzählte er, dass er nur anfangs Entzugserscheinungen gehabt hätte - danach widmete er sich einem dem Vernehmen nach lukrativen, aber eher diskret betriebenen Beratungsgeschäft: Er vermarktete sein seit den achtziger Jahren erworbenes und insbesondere durch die Teilnahme an vielen EU-Ministerräten aufgewertetes Wissen über seine Firma CCE-Consulting. Zu seinen Kunden gehörte die bulgarische Regierung.

Bei VCP Energy war Strasser zunächst Gesellschafter, verkaufte dann seine Anteile und zog sich ins "Advisory Board" zurück. Beratungstätigkeiten übt Strasser auch bei den Lotterien und in der Moser-Holding (Tiroler Tageszeitung, Oberösterreichische Rundschau) aus. Einen Teil seiner privatwirtschaftlichen Aktivitäten will Strasser auch als Politiker weiterführen.

Es ist nicht die erste Rückkehr in die Politik: Nach Tätigkeiten im Bauernbund und bei ÖVP-Chef Josef Riegler hatte sich Strasser schon einmal in die Wirtschaft (zur Umdasch-Gruppe) zurückgezogen.
Als Erwin Pröll 1992 ÖVP-Chef in Niederösterreich wurde, holte er sich Strasser als Landesparteisekretär. Er erwies sich als höchst professioneller Wahlkämpfer. Nun soll er in eigener Sache kämpfen. (Conrad Seidl, Nina Weißensteiner/ DER STANDARD-Printausgabe, 27. März 2009)