Wien - Chronische Entzündungen und Mangelernährung gehen oft Hand in Hand. Das "Duo Infernale", wie sie Wilfred Druml von der Universitätsklinik für Innere Medizin III der Medizinischen Universität Wien nennt, ist schuld daran, dass es für manche Patienten eine schlechte Prognose gibt, sagte er am Donnerstag bei seiner Eröffnungsvortrag beim 26. Ernährungskongress der Diaetologen Österreichs in Wien. Druml fungiert als wissenschaftlicher Leiter der Veranstaltung, die noch bis Freitag dauert.

Entzündung und Mangelernährung

Viele chronische Erkrankungen gehen mit einer chronischen Entzündungsreaktion einher und sind gleichzeitig durch eine sogenannte Malnutrition, einer Mangelernährung, gekennzeichnet. Inflammation und Malnutrition sind bei diesen Zustandbildern pathophysiologisch eng miteinander verknüpft und stellen somit unabhängig voneinander die stärksten prognostischen Faktoren in Bezug auf Krankheitsverlauf und Prognose dar.

Dicke Menschen haben bessere Ausgangslage

Die ernährungstherapeutische Behandlung dieser chronischen Krankheitsbilder - wie Herz-, Nieren-, Leber-, und Lungenkrankheiten, Tumorerkrankungen oder das HIV-Syndrom - stellt laut Druml das herausforderndste Problem der klinischen Ernährung dar. Denn die Inflammation führt zur Anorexie und erhöht den metabolischen, also stoffwechselbedingten, Umsatz. Weitere negative Folgen sind Bewegungsarmut, Müdigkeit, Depression und Rückzug. So eigenartig es klingen mag, doch dicke Menschen haben hier bessere Voraussetzungen. "Nennen wir es Adipositas-Paradoxon", sagte Druml. Adipöse Menschen haben etwa bei einer Nierenkrankheit eine bessere Ausgangslage.

Behandlung der Grundkrankheit und Ernährungstherapie

Therapeutische Strategien müssen an verschiedenen Punkten ansetzen. Wenn möglich muss die Grundkrankheit behandelt und deren Verlauf verzögert werden. "Aber schon an zweiter Stelle stehen ernährungstherapeutische Maßnahmen. Dazu zählen einerseits den Appetit steigernde Maßnahmen, die Erhöhung der Nahrungszufuhr insgesamt und die Verwendung spezifischer, antiinflammatorischer Substrate", erklärte Druml. 

Hier bekommen Diaetologen einen besonderen Stellenwert als Therapeuten. Derzeit sind in Österreich 1.100 meist weibliche Diaetologinnen tätig: der überwiegende Teil von ihnen in Krankenhäusern. Nur rund neun Prozent arbeiten in Österreich in einer eigenen Praxis. Diese geringe Anzahl erklärt sich u.a. damit, dass diaetologische Leistungen nach wie vor in Österreich - anders wie in der Schweiz oder in Deutschland - nicht von den Krankenkassen refundiert werden. Damit fehlt Diaetologen, die im niedergelassenen Bereich arbeiten wollen, die wirtschaftliche Grundlage, kritisierte Verbandspräsidentin Andrea Hofbauer. (APA/red)