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Patrick O. Beck als Orest, Myriam Schröder als Klytämnestra und Pauline Knof als Elektra

AP Photo/Stephan Trierenberg

Wien - Ein verzogenes Gör brüllt, stampft, schlägt hysterisch um sich. Sein Name ist Elektra. Mutter Klytämnestra hat das Mädchen gerügt, es solle sich vor den Gästen nicht so gehen lassen. Tobt sie zu doll, greift in Koos Terpstras Meine Elektra der Chor ein. In der antiken Mythologie war Kindererziehung nicht Sache der Eltern.

Um gesellschaftliche Entfernungen wie diese zu erklären, erzählt der Ein-Mann-Chor (Karim Chérif) von sich: Der 31-jährige Burgschauspieler trinkt gern einmal ein Bier aus der Dose, kennt Griechenland vom Sommerurlaub und telefoniert jeden Abend mit der Mutter. Seit er geboren wurde, gab es viel Krieg in der Welt. Der niederländische Theaterautor Terpstras schrieb seine Elektra 1999 als Reaktion auf den Nato-Einsatz im Kosovo. Irgendwo ist immer Krieg, und im zeitlosen Irgendwo siedelt Barbara Nowotny auch ihre Inszenierung einer erschreckend laschen Familientragödie im Burgtheater-Kasino an. Weiße Gartenmauer-Blöckchen bilden die modernen Tempelüberreste, die das Grab Agamemnons bergen.

Hier trifft eine verschreckte Elektra (Pauline Knof) auf ihren ebenso zögerlichen Bruder. Das schüchterne Geschwisterpaar muss erst von einem dämonischen Erzieher (Dirk Nocker, als Pylades auf den Spuren Pygmalions) zum Muttermord angestachelt werden. Klytämnestra (Myriam Schröder) kann ihre trotzigen Kinder nicht bändigen. Der Chor muss ihr Trost und Papiertaschentuch spenden.

Orest (Patrick O. Beck) fehlt dann der Mut, seine Kinderzimmerwaffen gegen echte Klingen einzutauschen. Man möchte ihn, den kriegsbemalten Gemetzel-Dilettanten, während zwei Poolboys die Leiche der Mutter wegschaffen, schützend in den Arm nehmen. Verloren wie Hänsel und Gretel im Wald stehen Nowotnys Orest und Elektra am Ende des knapp eineinhalbstündigen, enttäuschenden Abends da: War das jetzt richtig, Mutti zu ermorden? Pylades tätschelt ihnen wohlwollend die Köpfe: Brav gemacht, ihr Kleinen! (Isabella Hager / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 27.3.2009)