Zukunftschance für Jugendliche mit harter Vergangenheit: Neun junge Asylwerber lernen im bit-Schulungszentrum für den Computerführerschein. Die Sponsoren kommen aus der Wirtschaft.

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Wien - Junge Leute in Kursmaßnahmen sind von dieser Weiterbildung nicht immer begeistert: "Wenn ich an unsere Gruppen für Lehrstellensuchende denke: Da ist oft viel Provokation und Lernunwille im Raum", schildert Joachim Weese, Schulungsleiter bei der Trainingsanbieterfirma bit in Wien.

Völlig anders sei die Stimmung unter den neun Burschen zwischen 17 und 21 Jahren, die in den hellen Räumen mit den knallgelben Zwischenwänden seit 14 Tagen zweimal die Woche hinter den PCs hocken, um sich den Europäischen Computerführerschein (ECDL) anzueignen: "Sie sind ruhig, sie sind ernsthaft, sie schauen einem direkt in die Augen", sagt Weese.

Doch das sei auch kein Wunder: "Sie haben ein ganz anderes Leben als hiesige Jugendliche hinter sich". Nämlich eines von Kindern auf der Flucht: Die Burschen aus Afghanistan, Moldawien, der Mongolei, aus dem Iran, Gambia und Guinea sind jeweils als Minderjährige nach Österreich gekommen: allein, ohne Familie, manche traumatisiert - und haben hier um Asyl angesucht.

Der Computerkurs ist eine Bildungsmaßnahme, die speziell auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten ist: Ein Kurs mit sozialem Netz, mit Beratung und Zukunftsperspektiven, weil währenddessen und danach enger Kontakt mit Firmen und Interessenvertretungen besteht: beim ECDL-Kurs etwa mit Microsoft Österreich und der Österreichischen Computergesellschaft (ocg). Für Asylwerber eine besonders große Chance, da die meisten von ihnen trotz theoretisch bestehendem Recht auf Arbeitsmarktzugang keine Chance auf einen Job haben. Von der Ungewissheit, ob sie in Österreich bleiben können, ganz abgesehen.

"Junge Flüchtlinge haben besonders schlechte Startbedingungen", bestätigt dies Veronika Krainz, Initiatorin des neuen Vereins "Lobby 16", der am Freitag mit einem Startevent im Wiener Lokal Ratpack seine Tätigkeit aufnimmt.

Die Wienerin, die früher das Wiener Patenschaftsprojekt für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge organisierte, hat Monate der Lobbyarbeit für das neue Projekt hinter sich. Neben der Industriellenvereinigung und der Wirtschaftskammer Wien konnte sie etwa auch das Bankhaus Schelhammer & Schattera und Rotary Wien Academia als Unterstützer gewinnen. Der ECDL-Kurs ist ihr allererstes Projekt.

Mit der finanziellen und organisatorischen Hilfe ihrer Mäzene - und öffentlichen Geldern - will Krainz jungen Flüchtlingen Bildung, Arbeit und Beratung im Alltag zukommen lassen: "Was wir jetzt dringend suchen, sind Volontariatsangebote", sagt sie. (Irene Brickner, DER STANDARD - Printausgabe, 27. März 2009)