Rom - Der Europarat rügt Italien wegen der schleppenden Justizverfahren. In den italienischen Gerichtssälen seien fünf Millionen Zivil- und drei Millionen Strafverfahren anhängig. Mehr als sechs Jahre seien für die Bearbeitung einer Klage notwendig. Dies sei ein Verstoß gegen die europäische Menschenrechtskonvention, die jeder Person ein Gerichtsverfahren in annehmbarer Zeit garantiere. Der Europarat rief Italien zu einer Justizreform auf, um die Prozesse, auch im administrativen Bereich, zu beschleunigen.
Italien besetzt den 151. Platz im internationalen Ranking der Effizienz der Justizsysteme in der Welt. "Wir können nicht mehr so weitermachen. Das Justizsystem in Italien ist schlechter als in vielen afrikanischen Ländern, schlechter als in Angola, Gabun, Guinea und Sao Tome", sagte kürzlich der Erste Präsident des Kassationsgerichts, Vincenzo Carbone, bei der Eröffnung des Justizjahres 2009. Die Daten gehen aus einer Studie der Weltbank hervor.
Justizreform
Die italienische Regierung diskutiert inzwischen über eine umstrittene Justizreform. Mit dieser wird nicht nur die Beschleunigung der Prozesse angestrebt, sondern auch die strikte Trennung der Laufbahnen von Staatsanwälten und Richtern sowie eine Umstrukturierung des Obersten Richterrats (CSM), der für die Karriere der Staatsanwälte zuständig ist. Schwerpunkt der Justizreform ist die Spaltung des Obersten Richterrates in zwei Organe, die für Staatsanwalt und Richterschaft zuständig sein sollen.
Justizminister Angelino Alfano meinte, die italienische Verfassung sei in punkto Justiz zutiefst reformbedürftig. Reformen seien notwendig, um schnellere Prozesse zu garantieren. Italien dürfe nicht Millionen anhängige Zivil- und Strafverfahren zulassen. Der Oppositionspolitiker Antonio Di Pietro warnte, dass Berlusconi mit der Justizreform wieder einmal für die eigenen Interessen maßgeschneiderte Gesetze verabschieden wolle. Berlusconi wolle die Justiz unter seine Kontrolle setzen. (APA)