In den USA sorgt derzeit ein Rechtsstreit zwischen einer 15-jährigen High-School-Schülerin und einem Bezirksstaatsanwalt aus Wyoming für Aufsehen. Hintergrund der Auseinandersetzung ist das Auftauchen eines Nacktfotos der Minderjährigen auf einem fremden Mobiltelefon. Marissa Miller, so der Name des Mädchens, ist darauf gemeinsam mit einer Freundin lediglich mit BH bekleidet abgelichtet. Wie die New York Times berichtet, findet der Staatsanwalt George Skumanick das aufgetauchte Bildmaterial derart "provozierend", dass er die beiden Protagonistinnen zu einem speziellen Aufklärungsunterricht verdonnern will, der sich mit den Themen Pornografie und sexueller Gewalt auseinandersetzt. Wenn die beiden Schülerinnen sich nicht auf den Deal einlassen würden, werde Skumanick eine Anklage wegen "Verbreitung von Kinderpornografie" einbringen und vor Gericht ziehen. Die Teenager halten das Vorgehen des Anwalts für "unfair" und "illegal" und haben nun ihrerseits Anklage erhoben.

Geschütz

"Staatsanwälte sollten nicht ein derart schweres Geschütz wie Kinderpornografie gegen Jugendliche auffahren, die keinerlei kriminelle Intention haben und lediglich einigen Unfug anstellen", kritisiert Witold Walczak, Anwalt bei der American Civil Liberties Union (ACLU), gegenüber der New York Times. Seiner Ansicht nach müsse vor allem die Rolle der betreffenden High School im vorliegenden Fall genauer unter die Lupe genommen werden. "Wir dürfen hier nicht überreagieren", warnt Walczak. Dass das sogenannte "Sexting", das Aufnehmen und Verschicken von Nacktfotos über das Mobiltelefon, bei US-Teenagern zunehmend zu einem Problem wird, sei allerdings nicht abzustreiten. Allein im vergangenen Monat sind insgesamt 17 derartige Fälle registriert worden. Im Unterschied zum aktuellen Rechtsstreit haben sich die betroffenen 13 Mädchen und vier Burschen aber alle dem Druck des Staatsanwalts gebeugt und dem Besuch von Aufklärungsunterricht zugestimmt.

"Nacktfotos sind in dieser Hinsicht besonders gefährlich, da sie unerwünschte Spätfolgen für die Betroffenen nach sich ziehen können"

"Dieses Phänomen ist eigentlich nicht neu. Bei uns taucht dieses Problem verstärkt im Zusammenhang mit Cyber-Mobbing-Übergriffen im Internet auf", stellt Barbara Buchegger von der Informations- und Koordinierungsstelle Saferinternet.at  gegenüber pressetext fest. Betroffen davon sei aber natürlich auch der Mobilfunkbereich, denn die Nacktfotos würden von den Jugendlichen zumeist über ihre Handys aufgenommen. "Nacktfotos sind in dieser Hinsicht besonders gefährlich, da sie unerwünschte Spätfolgen für die Betroffenen nach sich ziehen können", betont Buchegger Dass ein Bild, das ein 15-jähriges Mädchen in BH zeigt, hierzulande gleich als Kinderpornografie angesehen werden würde, sei aber eher unwahrscheinlich. "Die entsprechenden Auffassungen sind in den USA und Europa sehr unterschiedlich", gibt Buchegger zu bedenken. Um zum aktuellen Rechtsstreit in den USA Stellung zu beziehen, müsse die Jugendschutz-Expertin sich den konkreten Sachverhalt zwar erst genauer anschauen. "Dass die Jugendlichen vom Staatsanwalt derart unter Druck gesetzt werden, führt meiner Erfahrung nach aber nur dazu, dass sie das Verbotene gerade zum Trotz tun", so Buchegger.

Glaubt man einem Ende vergangenen Jahres veröffentlichten Bericht der US-amerikanischen National Campaign to Prevent Teen and Unplanned Pregnancy gehen jüngere Nutzergruppen mit neuen Kommunikationstechnologien viel zu leichtfertig um. Die unabhängige Organisation hat im Zuge einer Untersuchung von insgesamt 1.280 Jugendlichen herausgefunden, dass rund 22 Prozent der weiblichen Nutzer im Teenageralter bereits mindestens einmal ein Bild von sich über elektronische Medien versandt haben, das sie in leicht bekleideter oder vollkommen nackter Pose zeigt. Bei den männlichen Teenagern sind es immerhin noch 18 Prozent. (pte)