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Josef Broukal reichte es nach sechs Jahren im Hohen Haus. In seinem Buch kristisiert er unter anderem die Arbeitsbedingungen der Abgeordneten.

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Der Ex-Parlamentarier war davor jahrelang ORF-Journalist und Moderator.

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Broukal mit seinen Co-Autoren bei der Präsentation von "Politik auf Österreichisch".

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Beinahe neun Monate ist es nun her, dass Josef Broukal beschlossen hat, seinen Job als Nationalratsabgeordneter an den Nagel zu hängen. Nach sechs Jahren als Parlamentarier wollte er nicht für eine weitere Legislaturperiode im Parlament zur Verfügung stehen, sondern beschloss stattdessen, in Pension zu gehen. Der Grund für seinen Rückzug: am 6. Juli 2008 hatte das Präsidium der SPÖ beschlossen, die Studiengebühren nicht gegen den Willen der ÖVP abschaffen zu wollen. Eine Niederlage für Broukal, den man davor noch darum gebeten hatte, einen entsprechenden Antrag zur Abschaffung einzubringen.

Broukal hat jetzt gemeinsam mit anderen Politikern, Politikwissenschaftern und Journalisten ein Buch geschrieben, in dem er über seine Erfahrungen mit der "Politik auf Österreichisch" (so auch der Titel des Buches) resümiert. Broukal blickt darin teils positiv auf Ereignisse zurück, er prangert aber auch an, wie wenig die Republik für die Parlamentarier tut.

Die Negativliste umfasst mehrere Aspekte, vielfach geht es dabei um das Standing, das Parlamentarier bzw. Politiker allgemein in der Öffentlichkeit haben. Studien zufolge rangieren sie im Ansehen der Berufe bei den Österreichern ganz unten.

17 Stunden ohne Pause Broukal kritisiert, dass Parlamentarier oft nur danach beurteilt werden, wie oft sie im Parlament ans Rednerpult treten bzw. wie viele Stunde sie im Plenum ruhig sitzen können. Seine längste Sitzung habe 17 Stunden und 13 Minuten gedauert, so Broukal. Er kritisiert die Medien, die nur darauf warten würden, dass sich ein Parlamentarier nicht korrekt verhält. Er schreibt: "Du hast nach drei Stunden geduldigen Zuhörens Appetit auf eine Mannerschnitte: Ertappt und groß herangezoomt."

Anfragebeantwortungen in letzter Sekunde Ein wichtiges Instrument für Parlamentarier, um an Informationen heranzukommen, ist das der parlamentarischen Anfrage an die Minister. Laut Broukal agieren die Ministerbüros hierbei oft "präpotent", denn die Antworten kämen immer in aller letzter Minute und würden auch dann oft nur unzureichende Informationen enthalten.

Minister vs. Parlamentarier In der Öffentlichkeit werde erwartet, dass der jeweilige Bereichssprecher auf derselben Augenhöhe agieren könne, wie der zuständige Minister. Broukal kritisiert, dass das aber oft nicht möglich sei ("ein ungleiches Match"), weil die Minister bessere Voraussetzungen hätten (mehr Mitarbeiter, besseren Zugang zu Experten)

"Drüberfahren" bei Gesetzesbeschlüssen Abgeordnete müssten oft damit leben, dass noch in laufender Sitzung bei Gesetzestexten gröbste Änderungen, etwa im Bereich der bürgerlichen Grundrechte, von Minister- und Klubsekretären ausgehandelt und ohne jede Prüfung und Reflexion durch den Nationalrat gepeitscht werden.

Wissenschaftliche Dienst Broukal bedauert, dass im österreichischen Parlament ein Pool von Wissenschaftern fehle, die parteiübergreifend Studien zu verschiedenen Sachthemen durchführt und Auskunft erteilt. In Deutschland gebe es einen eigenen Wissenschaftlichen Dienst mit 272 Mitarbeitern. Es werde festgehalten, dass "wissenschaftliche Dienste in allen westlichen Demokratien elementarer Bestandteil des parlamentarischen Betriebes" seien.

Nicht umsonst schreibt Broukal im Buch, dass er "manchmal gerne ein deutscher Abgeordneter gewesen wäre". Trotz der langen Negativliste ist er aber nicht verdrossen, sondern möchte "dem österreichischen Parlament und seinen Abgeordneten einen Dienst erweisen". Und deshalb fordert er zum Abschluss auch, dass das Parlament auf gleicher Augenhöhe mit der Regierung arbeiten können muss - und zitiert damit Nationalratspräsidentin Barbara Prammer, die das bereits im Wahlkampf 2008 gefordert haben soll. (Rosa Winkler-Hermaden, derStandard.at, 27.3.2009)