Alleinerziehende Mütter mit Fulltime-Job brauchen zur Alltagsbewältigung gute Nerven, Organisationstalent und ein (familiäres) Netzwerk. Daran hat sich in den vergangenen 20 Jahren nichts geändert - wie das Beispiel von Eva, Natalie und Luna Levay aus Bregenz zeigt.
"Als meine Tochter Natalie klein war, gab es gar keine Betreuungseinrichtungen" , erinnert sich die Sozialarbeiterin Eva Levay (55). Die Schulzeiten waren mit den Arbeitszeiten nicht vereinbar: "Zwei oder drei Schulstunden vormittags, an manchen Tagen zwei Stunden am Vormittag und zwei am Nachmittag." Die einzige Bregenzer Schule, die einen vierstündigen Block am Vormittag anbot, war eine katholische Einrichtung. Die Großeltern trugen zum Schulgeld bei und übernahmen auch einen Teil der Kinderbetreuung.
Gezwungenermaßen flexibel
Heute ist Natalie Levay 31 Jahre alt, hat eine Tochter, die die zweite Klasse Volksschule besucht, und arbeitet ganztägig als Erziehungswissenschafterin. Eva Levay ist für Enkelin Luna da, wenn die institutionelle Betreuung nicht ausreicht. Und das ist oft der Fall: in den Randzeiten, wenn Natalie berufliche Termine hat oder Luna, die an Asthma leidet, krank ist.
An 81 der 250 Vorarlberger Pflichtschulen können die Kinder auch die Nachmittage verbringen. Das Betreuungsangebot orientiere sich am Bedarf und sei "sehr flexibel" , sagt der zuständige Bezirksschulinspektor Wolfgang Rothmund. Die "Flexibilität" : Die einen bieten nur Mittagstisch, andere eine Betreuung an einem oder zwei Nachmittagen - Schulen mit täglicher Nachmittagsbetreuung adäquat zu den elterlichen Arbeitszeiten sind rar.
"Schichtbetrieb"
Lunas Kindergartenjahre waren geprägt durch starre Öffnungszeiten, die nur im "Schichtbetrieb" der beiden Frauen zu bewältigen waren. Mit dem Schuleintritt von Luna vor zwei Jahren wurde es einfacher. Luna besucht die Volksschule Augasse, eine der wenigen Schulen, die täglich Nachmittagsbetreuung bis 17 Uhr anbietet. Was Natalie Levay besonders schätzt: "Man muss die Betreuungszeiten nicht mit Beginn des Schuljahres fixieren. Luna kann sich am Morgen jeweils für den Nachmittag und das Mittagessen anmelden." Hat eine der Frauen nachmittags frei, kann auch Luna "Urlaub" nehmen, wie sie es nennt. Bezahlt werden nur die genutzten Tage. "Manchmal zahle ich nur 112 Euro pro Semester, das ist günstiger als der Kindergarten" , beschreibt Natalie Levay ein weiteres Plus. Luna zeigt ein Minus auf: "Ich bin die Einzige aus meiner Klasse in der Nachmittagsbetreuung, alle meine Freundinnen gehen heim."
Fazit der beiden Frauen: Die Betreuungssituation wurde, was die Öffnungszeiten betrifft, verbessert, aber: "Ohne familiäres Netzwerk geht es nicht." Eva Levay: "Von Chancengleichheit sind wir noch weit entfernt."(Jutta Berger/DER STANDARD-Printausgabe, 28./29. März 2009)