Karl Öllinger staunt über Khols "Läuterung".

Foto: Hendrich

Bild nicht mehr verfügbar.

Finanz- und Ernährungskrise mit einer Klappe schlagen: Vorschlag eines Demonstranten vor dem G-20-Treffen in London.

Foto: AP

"Warum", seufzt VP-Pensionistensprecher Andreas Khol im "Kommentar der anderen" vom 26. 3., "fällt kaum jemandem auf, wie beliebig ... mit statistischen Kennzahlen umgegangen wird"? - Gute Frage!

Als die ÖVP für die großen Pensionskürzungsreformen 2003 und 2004 Stimmung machte, ist Khol leider noch nicht aufgefallen, dass das Zahlenmaterial der ÖVP aus überholten und überzeichneten demografischen Prognosen stammte. Zur Erinnerung:

Ende April 2003 beschloss der schwarz-blaue Ministerrat eine Pensionsreform, die drastische Kürzungen bei neuen Pensionen vorsah. Bundeskanzler Schüssel stimmte bei diesem Ministerrat die Öffentlichkeit auf die radikale Pensionskürzung mit dem Argument ein: "Wir haben eine demografische Situation, die zum Handeln zwingt". Andernfalls müsse man innerhalb der nächsten 40 Jahre entweder die Beiträge um 53 Prozent erhöhen oder die Pensionen um 45 Prozent kürzen bzw. eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit um fast 11 Jahre vorsehen.

Mit dem angeblichen Zwang der Demografie hatten zuvor schon EU-Kommission und der Rat die Mitgliedsländer auf eine Rentenstrategie eingeschworen, die neben grundsätzlich richtigen Zielen vor allem eine Kostenverlagerung von öffentlich finanzierten zu privat finanzierten Pensionssystemen ("zweite" und "dritte" Säule) im Auge hatte. 2003 und 2004 wurde das öffentlich finanzierte Pensionssystem Österreichs so weit heruntergefahren, dass die EU-Kommission in einer Prognose 2006 die Gesamtaufwendungen für 2050 mit nur mehr 12,2 Prozent des BIP berechnete.

Das würde gegenüber 2004 (13,4% am BIP) einen Rückgang um 1,2 Prozent bedeuten, obwohl sich dann um eine Million mehr Ältere (die jetzt Jüngeren) den kleineren Kuchen teilen müssen!
Entlarvend auch, was Khol über die ASVG-Pensionen heute sagt: Die Versicherten bezahlen diese faktisch ohne Staatszuschuss! Im Klartext: Die ASVG-Versicherten zahlen mit ihren Beiträgen auch die "Pensionsgeschenke" von Schwarz-Blau und RotSchwarz.

Vor wenigen Jahren hielten Andreas Khol und Wolfgang Schüssel die ASVG-Pensionen noch für unfinanzierbar und drängten die Jungen in die private (kapitalgedeckte) Altersvorsorge: Pensionskassen, Abfertigung neu und Zukunftsvorsorge. Die Alten von 2050 sollen sich also nicht nur den radikal gekürzten öffentlichen Pensionskuchen teilen, sondern auch die von Schwarz-Blau angerichtete private Pensionssuppe auslöffeln.

Der Saulus von gestern gibt sich heute geläutert. Den Jungen von heute - und Alten von Morgen - hilft das nichts. (Karl Öllinger, DER STANDARD, Printausgabe, 30.3.2009)