Moskau - Wenige Tage vor dem G-20-Weltfinanzgipfel prescht Russland mit eigenen Reformvorschlägen zur Überwindung der globalen Wirtschaftskrise vor. Im Mittelpunkt des russischen Reformplanes steht die Schaffung eines ausgewogeneren Regulierungssystems für den Finanzsektor, die Abkehr von der derzeitigen Reservewährungspolitik sowie die Erhöhung der Mittel der internationalen Finanzorganisationen, erklärte Kreml-Wirtschaftsberater Arkadi Dworkowitsch bei einer Pressekonferenz am Montag.

Laut Dworkowitsch sei es notwendig, nicht nur die Ressourcen des Internationalen Währungsfonds (IWF) aufzustocken, sondern auch dessen Verwaltung und interne Strukturen zu reformieren. Diese Reform sollte innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre realisiert werden.
Russland hofft auch, auf dem G-20-Gipfel die Diskussion über eine neue Reservewährung anzustoßen. Das derzeitige System sei unangemessen und berge zu viele Risiken, die durch die einseitige Handlungsweise der Ausgabeländer entstehen, so Dworkowitsch.

In einem Interview mit dem britischen Fernsehsender BBC am Wochenende forderte der russische Präsident Dmitri Medwedew deshalb auch ein System, das auf einem Multi-Währungskorb basiert. Dieser soll auch Rubel, den chinesischen Yuan und andere regionale Reservewährungen enthalten. Längerfristig sprach sich der Kreml-Chef für die Schaffung einer weltweiten "Superwährung" aus.

Krise trifft Russland stärker

Schon in der Vergangenheit hatte sich Medwedew für den Rubel als Reservewährung stark gemacht. Als Folge der globalen Finanzkrise und der sinkenden Ölpreise ist der Rubel jedoch stark unter Druck gekommen und hatte innerhalb dreier Monate ein Drittel seines Wertes eingebüßt. 

Mittlerweile ist der Kursverfall gestoppt. Die Aussichten sind jedoch alles andere als rosig. Nach Einschätzung der Weltbank leidet Russland unter der Weltwirtschaftskrise stärker als viele westliche Länder.

Die Weltbank prognostiziert, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) heuer um 4,5 Prozent einbrechen werde. Die russische Regierung geht bisher davon aus, dass die Wirtschaft um 2,2 Prozent schrumpfen wird. Die Experten der Weltbank sehen auch keine baldige Erholung in Russland. Sie rechnen damit, dass die gegenwärtige Krise im Vergleich zur Rubelkrise 1998 länger dauern wird, da diese nun, anders als vor zehn Jahren, durch den Privatsektor ausgelöst worden sei.

Die Weltbank fordert daher, dass die russischen Antikrisenmaßnahmen nicht nur den Unternehmen und Banken zugute kommen sollen, sondern auch der Bevölkerung. Es besteht die Gefahr, dass bis Jahresende der Anteil der Armen um fast drei Prozent auf 15,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr steigen wird, heißt es im Bericht der Weltbank. (Verena Diethelm, Moskau, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 31.03.2009)